Hundert Jahre Krieg Gegen Deutschland

Wir sind 1939 nicht in den Krieg eingetreten, um Deutschland vor Hitler oder die Juden vor Auschwitz oder den Kontinent vor dem Faschismus zu retten. Wie 1914 sind wir für den nicht weniger edlen Grund in den Krieg eingetreten, daß wir eine deutsche Vorherrschaft in Europa nicht akzeptieren konnten...

STEFFEN WERNER

In English: Hundred Years of War Against Germany

HUNDERT JAHRE KRIEG GEGEN DEUTSCHLAND

Im August 1895, auf den Monat genau vor 100 Jahren, begann in der britischen Wochenzeitung The Saturday Review eine Artikelfolge, die zur Vernichtung Deutschlands aufrief und deren unheilvolle Gier nach deutscher Beute noch bis heute ausstrahlt.

Mit dem 2. Reich war ein deutscher Staat entstanden, der sich in rasantem Tempo eine moderne Wirtschaft schuf, die die wirtschaftliche Vorherrschaft Großbritanniens gefährdete. Kohle und Stahl waren die beiden Indikatoren, an denen die Volkswirtschaften vor dem 1. Weltkrieg gemessen wurden. Die Roheisenproduktion stieg im Vierteljahrhundert vor dem 1. Weltkrieg in Deutschland von 4 Millionen Tonnen um 334 % auf 17,8 Millionen, während für Großbritannien die Zahlen sich von 7,7 auf 9 Millionen, also um 17 % erhöhten. Die Kohleförderung wuchs im selben Zeitraum in Deutschland von 76,2 auf 255,8 Millionen Tonnen (240 %) und in Großbritannien nur um 60 % auf240 Millionen Tonnen. Der Außenhandel Deutschlands nahm in einem für Großbritannien beängstigenden Umfang zu. Eine Untersuchung des englischen Parlaments von 1885 vermerkte, daß die Deutschen billiger produzierten und sich bei ihren Produkten nach dem Geschmack der Käufer richteten. Sprachkenntnis, Unermüdlichkeit und Schmiegsamkeit galten als die Vorzüge der deutschen Geschäftsreisenden. Als Gegenmaßnahme wurde ein Handelsmarkengesetz in England beschlossen, das die Kennzeichnung deutscher Produkte durch “Made in Germany” vorschrieb, jedoch gaben die britischen Zwischenhändler und Verbraucher den deutschen Waren trotzdem noch oft den Vorzug, weshalb die Kennzeichnungspflicht in “Foreign made” abgeändert wurde.[1]

Daß diese neue Entwicklung kein Zufall war, fand Paul Valéry in einer britischen Auftragsarbeit aus dem Jahre 1896 heraus, in der die Ursachen für diese neue Entwicklung ins Prinzipielle gehoben würden: “Man erfährt, daß die militärischen Siege, durch die sich diese (deutsche) Nation gegründet hat, wenig sind, verglichen mit den wirtschaftlichen Siegen, die sie bereits erringt; schon sind ihr manche Märkte in der Welt enger zugehörig als die Gebiete, die sie ihrem Heer verdankt.. Man begreift, daß Deutschland sich auf Industrie und Handel verlegt hat wie vorher aufs Militär: besonnen und entschlossen. Man spürt, daß es kein Mittel ausließ. Will man diese neue … Größe erklären, so stelle man sich vor: beständiger Fleiß; genaueste Untersuchung der Quellen des Reichtums und unermüdliche Herstellung der Mittel, ihn hervorzubringen; peinliche Topographie der begünstigten Plätze und günstigsten Verbindungswege; und vor allem, vollständiger Gehorsam, eine Unterordnung sämtlicher Momente unter irgendeinen einfachen, ausschließlichen, gewaltigen Gedanken - der strategisch ist durch seine Form, wirtschaftlich durch sein Ziel, wissenschaftlich durch seine tiefe Anlage und seinen Geltungsbereich. So wirkt die Gesamtheit der deutschen Unternehmungen auf uns ein.”[2]

Durch diesen Aufschwung der deutschen Wirtschaft sahen die europäischen Oberschichten ihr müßiges Leben gefährdet. Sie lebten, so Max Scheler, in einem Paradies: “Es war für unsere Östlichen Nachbarn mehr Träumen, Sinnen, Fühlen, Beten und stilles Sichbeugen unter das Joch des Schicksals, aber auch Schnapstrinken, durch das Leben romatisch schlendern, gesetz- und ordnungsloses derbes Genießen … Es war für die Engländer nach alter sieggewohnter Art leicht und in der Art alter vornehmer Kaufherrn kaufen und verkaufen, stolz auf die alt bewährte Warenform ohne Anpassung an den Kundenbedarf des Weltmarktes … es war aber auch das Leben … genießen in Sport, Wette, Spiel, Landleben, Reisen, Freitag abends schon die Wochenarbeit abzuschließen und auf den Sportplatz zu fahren … - alles dies aber zu tun im selbstverständlichen Gefühle einer Art göttlichen Lage und Geographie der Insel mitbegründeten Auserwähltheit zum Herrn der Meere … nicht als Glied Europas, sondern als eine ganz Europa, ja der ganzen übrigen Welt gleichwertige Macht, die außereuropäischen Völker zu lenken, zu leiten und ihr politischer Schiedsrichter zu sein. Und dasselbe Paradies hieß für Frankreich: steigender Finanzreichtum bei wenig Kindern, Rentnerdasein nach 20-30 Jähriger Arbeit, großes Kolonialreich, Zeit und edle Muße zu Luxus, Geist, Form, empfindungsreichen Abenteuern mit den schönen Frauen …

Das Entsetzen, das die deutsche Leistungskraft bei diesen europäischen Oberschichten auslöste, hat Max Scheler in das Gleichnis gefaßt: “Da … erschien an ihrer aller Horizont… das Bild eines neuen sonderbaren Erzengels, das Gesicht… so hart und ehern als der alte des Mythos, sonst aber ganz anders … Er trug das Gepräge eines schlichten Arbeitsmannes mit guten derben Fäusten, es war ein Mann, der nach dem inneren Zeugnis seiner eigenen Gesinnung nicht um zu übertreffen oder um irgend eines Ruhmes willen, nicht auch um neben oder nach der Arbeit zu genießen, nicht auch um in der, der Arbeit folgenden Muße die Schönheit der Welt zu verehren und zu kontemplieren, sondern ganz versunken in seine Sache still und langsam, aber mit einer von außen gesehen furcht-, ja schreckenerregenden Stetigkeit, Genauigkeit und Pünktlichkeit in sich selbst und in seine Sache wie verloren arbeitete, arbeitete und nochmals arbeitete - und was die Welt am wenigsten begreifen konnte - aus purer Freude an grenzenloser Arbeit an sich - ohne Ziel, ohne Zweck, ohne Ende. Was wird aus uns, was soll aus uns werden - empfanden die Völker … Wie sollen wir bestehen vor diesen neuen Massen? Uns ändern, es ihm gleichzutun suchen? Dreimal nein! Wir können nicht diesem neuen Soll gehorchen! Aber wir wollen und sollen es auch nicht!”[3]

1895 formierten diese Oberschichten, beginnend mit Großbritannien, eine Kriegspartei gegen Deutschland, die bis heute wirkt und die durch Zitatblöcke aus den Jahren 1895 bis 1994 belegt wird.

DELEDAM, DELENDAM, DELENDAM!

THe Saturday Review vom 24. August 1895: “Die für uns Engländer richtige Außenpolitik.” “Unsere Außenpolitik hat an erster Stelle mit der verbissenen Feindschaft Frankreichs zu rechnen. Man mag diese Feindschaft unklug und unzeitgemäß nennen, aber wegzweifeln läßt sie sich nicht. Ein Teil unserer englischen Presse empfiehlt jetzt, Lord Salisbury (der konservative englische Erstminister) solle mit dem deutschen Kaiser ein Bündnis zur gegenseitigen Hilfe eingeben. Uns gefällt solche Politik nicht, soviel Sicherheit sie zu bieten vermöchte, und zwar aus mancherlei Gründen. Vor allem gilt doch, daß wir Engländer bisher stets gegen unsere Wettbewerber in Handel und Verkehr Krieg geführt haben. Und unser Hauptwettbewerber in Handel und Verkehr ist heute nicht länger Frankreich, sondern Deutschland. Bei einem Kriege mit Deutschland kämen wir in die Lage, viel zu gewinnen und nichts zu verlieren. Ein Krieg mit Frankreich dagegen, endige der Krieg wie er wolle, schlösse immer mit schweren Verlusten für uns ab. ” [4]

The Saturday Review vom 1. Februar 1896: “Eine biologische Betrachtung unserer englischen Außenpolitik von einem Biologen.” “Das Wissen um die bisherige Geschichte des Lebens auf dieser Erde hat uns mit einer Erscheinung in dem großen Drama der Entwicklung vertraut gemacht. Wir erkannten, daß durch ungezählte Geschlechterfolgen hindurch eine Anzahl Arten von leidlich gleichwertigem Range sich kämpferisch zu erhalten vermochten, dann gewann bald die eine, bald die andere Art einen Vorsprung, bis plötzlich eine Wende im Weltgeschehen einer Art das wirkliche Übergewicht gab… Die großen Nationen der Erde sind solche Spielarten und sind jede für sich eine neue beginnende Art. Es ist nicht nötig, daß sich bei ihnen gleich anatomische Unterschiede bemerkbar machen. Ein anderes Durchschnittsgepräge aber hat sich bei Engländern, Deutschen, Franzosen, Russen, Amerikanern, Chinesen und Japanern bereits herausgebildet… Der Zeit … letzter Kriege nähert sich die Welt ungeheuer schnell, solcher Kriege, bei denen es Frieden in Ehren nicht mehr geben kann und bei denen auch das Kriegsgespenst durch keinen blassen Schiedsspruch gebannt zu werden vermag. Die Tatsachen liegen für jeden offen da. Schwache Rassen werden eine nach der anderen vertilgt, und die wenigen großen beginnenden Arten waffnen sich gegeneinander. England ist die größte unter ihnen, die größte, was geographische Verteilung angeht, die größte an Ausdehnungskraft, die größte an Rassenstolz. England hat Jahrhunderte hindurch den letzten, den einen wirklich gefährlichen Krieg vermieden. Nunmehr, da die ganze Erde besetzt ist, und da der Ausdehnungsdrang dennoch fortdauert, wird England den Kampf auf Leben und Tod kämpfen müssen mit einem Nebenbuhler nach dem anderen… Unter den europäischen Völkern sind sich die Deutschen und die Engländer am ähnlichsten. Weil die Deutschen den Engländern so ähnlich sind im Wesen, im religiösen und wissenschaftlichen Denken, im Gefühlsleben und an Begabung, sind sie unsere vorbestimmten natürlichen Nebenbuhler. Überall auf der Welt, bei jedem Unternehmen, im Handel, in der Industrie, bei sämtlichen Anlagen in der weiten Welt stoßen Engländer und Deutsche aufeinander. Die Deutschen sind ein wachsendes Volk, ihre Wohnsitze liegen über die Reichsgrenzen hinaus. Deutschland muß neuen Raum gewinnen oder bei dem Versuche untergeben Wäre morgen jeder Deutsche beseitigt, es gäbe kein englisches Geschäft, noch irgendein englisches Unternehmen, das nicht zuwüchse. Verschwände jeder Engländer morgen, die Deutschen hätten im gleichen Verhältnis ihren Gewinn davon. Hier also wird der erste große Artenkampf der Zukunft sichtbar; hier sind zwei wachsende Nationen, die aufeinander drücken rund um die Erde. Eine von beiden muß das Feld räumen, eine von beiden wird das Feld räumen Einfache Lehren ergeben sich (für uns Engländer) aus der biologischen Betrachtung der auswärtigen Politik. Erstens, schweißt unsere Kolonien in einen Bund zusammen, eine geographische Aufspaltung der angelsächsischen Rasse gegeneinander (vom Übersetzer hinzugefügt: etwa nach der gegenwärtigen Aufspaltung der deutschen) muß verhindert werden. Zweitens, macht euch fertig zum Kampf mit Deutschland, denn Germania est delenda (Deutschland muß zerstört werden). Drittens: Haltet euch bereit zu einem kommenden Kampf mit Amerika, wenn der Augenblick erschienen ist. Endlich, führt keine kraftvergeudenden Kriege mit Völkern, von denen wir nichts zu befürchten haben.”[6]

The Saturday Review vom 11. September 1897: England und Deutschland.” “Fürst Bismarck erkannte vor langem, was das Volk Englands endlich zu begreifen beginnt, daß nämlich in Europa zwei große unversöhnliche, gegnerische Kräfte am Werk seien; es sind das zwei große Nationen, die (am liebsten) die ganze Welt sich eingemeinden möchten, um an ihr zu verdienen. Die Nationen heißen England, mit seiner langen Geschichte erfolgreicher Angriffskunst und mit seinem wundervollen Glauben, daß es, wo immer es sich selbst diene, zugleich den Völkern in ihrer Düsternis Licht bringe, und heißen Deutschland, Bein vom selben Bein, Blut vom selben Blut, von geringerer Willenskraft aber vielleicht von lebendigerem Geiste. In jedem Winkel der Erde stehen die beiden im Wettbewerb. Im Transvaal am Kap, in Zentralafrika, in Indien, in Ostasien, auf den Inseln der Südsee und im fernen Nordwesten, überall, wo die englische Flagge der Bibel und der Handel der Flagge gefolgt ist - und wo geschah das nicht - bekämpft der deutsche Handelsmann den englischen Krämer. Wo es gilt ein Bergwerk anzulegen, eine Eisenbahn zu bauen oder Eingeborene von der Brotfrucht zum Büchsenfleisch, vom Wasser zum Handelsschnaps hinzugewöhnen, versuchen der Deutsche und der Engländer einander zuvorzukommen. Aus einer Million von Streitereien um Kleinigkeiten fügt sich die größte Kriegsursache zusammen, davon die Welt jemals gehört haben wird. Würde Deutschland morgen ausgelöscht, gäbe es übermorgen weltein weltaus keinen Engländer, der nicht seinen Gewinn davon hätte. Staaten haben jahrelang um eine Stadt oder für ein Thronfolgerecht Krieg geführt; und da sollten sie nicht Krieg führen, wenn ein jährlicher Handel von fünf Milliarden auf dem Spiele steht?… Wenn wir unsern Teil der Arbeit getan haben, braucht von uns ein altes Bismarckwort an Ferry kaum abgewandelt zu werden, und wir könnten dann also zu Frankreich und Rußland sagen: ‘Sucht euch die Entschädigung selbst aus, nehmt euch in Deutschland was ihr wollt, ihr sollt es haben’… ‘Germania esse delendam'”[6]

Geheimrede von Winston S. Churchill im März 1936 im Unterhaus: “Vierhundert Jahre hindurch hat die auswärtige Politik Englands darin bestanden, der stärksten, aggressivsten und am meisten beherrschenden Macht auf dem Kontinent sich entgegenzustellen. Angesichts Philipps II. von Spanien, gegen Ludwig XIV., unter Wilhelm III. und Marlborough, gegen Napoleon, gegen Wilhelm II. von Deutschland, würde es leicht und muß es zweifellos eine große Versuchung gewesen sein, sich mit dem Starken zu verbünden und die Frucht seiner Eroberungen zu teilen. Jedoch schlugen wir immer den anderen Kurs ein, verbündeten uns mit den weniger starken Mächten, schufen eine Zusammenfassung unter ihnen und beseitigten und vereitelten den kontinentalen Tyrannen, wer es auch immer war und welcher Nation er auch immer angehörte. So bewahrten wir die Freiheit in Europa Bitte beachten Sie, daß die Politik Englands keinerlei Rücksicht darauf nimmt, welche Nation gerade die Herrschaft über Europa erstrebt. Es kommt nicht darauf an, ob es Spanien, die französiscbe Monarchie, das Deutsche Reich oder das Hitler-Regime ist; es hat nichts zu tun mit Herrschern oder Nationen: das Prinzip betrifft ausschließlich die Frage, wer der stärkste und möglicherweise beherrschende Tyrann ist. Deshalb sollen wir uns nicht scheuen, als profranzösisch oder anti-deutsch angeklagt zu werden. Es ist ein Gesetz der Öffentlichen Politik, dem wir folgen, und nicht ein bloßer Notbehelf, der durch zufällige Umstände, Neigungen oder Abneigungen oder durch ein anderes Gefühl bestimmt wird. Es erhebt sich dabei die Frage, welche Macht heutzutage in Europa die stärkste ist und welche versucht, in einer gefährlichen und bedrückenden Art zu herrschen. Heutzutage für die Dauer dieses Jahres, vielleicht auch noch für 1937, ist die französische Armee die stärkste in Europa. Aber niemand fürchtet Frankreich. Jeder weiß, daß die Franzosen ein friedliebendes Volk sind, von übermäßiger Furcht erfüllt. Deutschland andererseits fürchtet niemanden. Es bewaffnet sich in einer Weise, wie es das noch niemals in der deutschen Geschichte gegeben hat, und es wird geführt von einer Handvoll Desperados. Das Geld wird knapp, Unzufriedenheit erhebt sich unter seinen despotischen Herrschern. Sehr bald werden sie zu wählen haben, einerseits zwischen wirtschaftlichem und finanziellem Kollaps und inneren Unruhen oder andererseits einem Krieg, welcher kein anderes Ziel haben könnte und keinen anderen Erfolg hätte als ein germanisiertes Europa unter der Nazi-Herrschaft. Deshalb scheint es mir so wichtig, daß wir wieder einmal alle Kräfte Europas zusammenfassen, um, wenn nötig, eine deutsche Herrschaft zu vereiteln. Denn, glauben Sie mir, wenn irgendeine dieser anderen Mächte, wie Spanien, Ludwig XIV., Kaiser Wilhelm, durch unsere Hilfe die absoluten Herren Europas geworden wären, so würden sie uns beraubt und uns am Morgen ihres Sieges zur Bedeutungslosigkeit und Armut verurteilt haben!”[7]

Bericht von Carl J. Burckhardt über ein Gespräch am 15. August 1938 mit dem polnischen Außenminister Beck: Die Polen warten in scheinbarer Ruhe. Beck, während unserer nächtlichen Fahrt, hat mich etwas in seine Pläne eingeweiht. Weiterhin spielt er sein doppeltes Spiel. Es ist kein deutsches Spiel, wie manche Franzosen und die polnische Opposition glauben. Es ist ein Spiel, bei welchem man für Polen auf den höchsten Gewinn hofft, einen Gewinn, der sich ergeben soll aus einer schließlichen und unvermeidlichen deutschen Katastrophe. Aus diesem Grunde treibt man die Deutschen in ihre Fehlhandlungen hinein, und in Danzig läßt man mit Vergnügen die Extremisten triumphieren, während man gleichzeitig immer wieder das Festhalten an den äußeren Formen der Verträge betont. Eines Tages wird man dann die Rechnung präsentieren und Zinsen und Zinseszinsen einfordern. Schon jetzt, indem man in dieser Weise mit den Nationalsozialisten kollaboriert, ist es gelungen, im ganzen Westen, in Frankreich, England und Amerika eine solidarische Abneigung gegen jede Revision der Verträge zu schaffen.” “Das war 1932 ganz anders. Damals hat mehrheitlich die westliche Meinung in den großen Demokratien sich für die deutschen Minoritäten eingesetzt. Man regte sich über schlecht gezogene Grenzen auf, über isolierte Provinzen. Dank den exzessiven Methoden des Nazismus ist das alles beendet, und jetzt hofft man im stillen in Warschau nicht nur auf die bedingungslose Integration Danzigs in den polnischen Staatsbereich, sondern auf viel mehr, auf ganz Ostpreußen, auf Schlesien, ja auf Pommern. Im Jahre 1933 noch sprach man in Warschau vom polnischen Pommerelien, aber jetzt sagt man ‘unserPommern’. Beck macht eine rein polnische Politik, eine letzten Endes antideutsche Politik, eine nur scheinbar polnisch-deutsche Entspannungspolitik seit der Besetzung des Rheinlandes und der französischen Passivität bei Anlaß dieses Vorganges. Aber man bemüht sich, die Deutschen ganz methodisch in ihren Fehlern zu bestärken.”[8]

Aufzeichnung Eduard Benesch vom 23./24. August 1939 in London: “Es war eine recht rauhe Taktik, Hitler in den Krieg zu treiben.”[9]

Bericht von Friedrich Grimm über einen Besuch im Mai 1945: “Ich hatte im Mai 1945, wenige Tage nach dem Zusammenbruch, eine denkwürdige Aussprache mit einem bedeutenden Vertreter der Gegenseite. Er stellte sich mir als Universitätsprofessor seines Landes vor, der sich mit mir über die historischen Grundlagen des Krieges unterhalten wollte. Es war ein Gespräch von hohem Niveau, das wir führten. Plötzlich brach er ab, zeigte auf die Flugblätter, die vor mir auf dem Tisch lagen, mit denen wir in den ersten Tagen nach der Kapitulation überschwemmt wurden und die sich hauptsächlich mit den KZ-Greueln beschäftigten. ‘Was sagen Sie dazu?’, so fragte er mich. Ich erwiderte: ‘Oradour und Buchenwald? Bei mir rennen Sie da offene Türen ein. Ich bin Rechtsanwalt und verurteile das Unrecht, wo ich ihm begegne, am meisten aber, wenn es auf unserer Seite geschieht. Ich weiß jedoch einen Unterschied zu machen zwischen den Tatsachen und dem politischen Gebrauch, den man davon macht. Ich weiß, was Greuelropaganda ist. Ich habe nach dem ersten Weltkriege alle Veröffentlichungen Ihrer Fachleute über diese Frage gelesen, die Schriften des Northcliffbüros, das Buch des französiscben Finanzministers Klotz ‘Vom Krieg zum Frieden’ in dem er schildert, wie man das Märchen von den abgehackten Kinderhänden erfand, und welchen Nutzen man daraus zog, die Aufklärungsschriften der Zeitschrift Crapouillot, die die Greuelropaganda von 1870 mit der von 1914/1918 vergleicht, und schließlich das klassische Buch von Ponsonby: ‘Die Lüge im Kriege’. Darin wird offenbart, daß man schon im vorigen Kriege Magazine hatte, in denen man künstliche Leichenberge durch Fotomontage mit Puppen zusammenstellte. Diese Bilder wurden verteilt. Dabei war die Unterschrift frei gelassen. Sie wurde später je nach Bedarf durch die Propagandazentrale telefonisch aufgegeben.’ Da platzte mein Besucher los: ‘Ich sehe, ich bin an einen Sachkundigen geraten. Nun will ich auch sagen, wer ich bin. Ich bin kein Universitätsprofessor. Ich bin von der Zentrale, von der Sie gesprochen haben. Seit Monaten betreibe ich das, was Sie richtig geschildert haben: Greuelropaganda - und damit haben wir den totalen Sieg gewonnen.’ Ich erwiderte: ‘Ich weiß und nun müssen Sie aufhören!’ Er entgegnete: ‘Nein, nun fangen wir erst richtig an! Wir werden diese Greuelpropaganda fortsetzen, wir werden sie steigern, bis niemand mehr ein gutes Wort von den Deutschen annehmen wird, bis alles zerstört sein wird, was Sie in anderen Ländern an Sympathien gehabt haben, und bis die Deutschen selbst so durcheinandergeraten sein werden, daß sie nicht mehr wissen, was sie tun!’ Ich schloß das Gespräch: ‘Dann werden Sie eine große Verantwortung auf sich laden!’[10]

Die britische Zeitung Sunday Correspondent am 17. September 1989 zum fünfzigsten Jahrestag des Anfangs des 2. Weltkrieges und der sich abzeichnenden Wiedervereinigung: “Wir müssen jetzt ehrlich über die deutsche Frage sein, so unbequem sie auch für die Deutschen, für unsere internationalen Partner und uns selbst sein mag… Die Frage bleibt in der Essenz die gleiche. Nicht, wie wir es verhindern, daß deutsche Panzer über die Oder oder Marne rollen, sondern wie Europa mit einem Volk fertig wird, dessen Zahl, Talent und Effizienz es zu unserer regionalen Supermacht werden läßt. Wir sind 1939 nicht in den Krieg eingetreten, um Deutschland vor Hitler oder die Juden vor Auschwitz oder den Kontinent vor dem Faschismus zu retten. Wie 1914 sind wir für den nicht weniger edlen Grund in den Krieg eingetreten, daß wir eine deutsche Vorherrschaft in Europa nicht akzeptieren konnten.”[11]

Lech Walesa in einem Interview mit der niederländischen Zeitung Elsevier vom 7. April 1990: “Ich schrecke selbst nicht vor einer Erklärung zurück, die mich in Deutschland unpopulär macht. Wenn die Deutschen erneut Europa in der einen oder anderen Art destabilisieren, sollte man nicht mehr zu einer Aufteilung Zuflucht nehmen, sondern dieses Land einfach von der Landkarte ausradieren. Der Osten und der Westen besitzen die notwendigen fortgeschrittenen Technologien, um diesen Urteilsspruch durchzuführen.“[12]

Henry Kissinger in der Welt am Sonntag am 13. November 1994: “Präsident Clintons Gedanke von den Führungspartnern USA und Deutschland war nicht gerade sehr weise,… Tatsächlich treibt dieser Gedanke alle auf die Barrikaden, denn letztendlich wurden zwei Weltkriege geführt, um eben das, eine dominante Rolle Deutschlands, zu verhindern.”

Die Zitate implizieren, daß all die Kriege, Revolutionen, Verfolgungen und Vertreibungen des 20. Jahrhunderts nüchtern um der Macht und des Geldes willen von rational Planenden initiiert oder in Kauf genommen wurden. Angesichts der apokalyptischen Schrecken und Greuel im Zuge dieser Unternehmungen erscheint eine reine Analyse zweckmäßiger als moralische Anklagen.

Für die britische Oberschicht - und ihre internationalen Partner - ist der Krieg eine ganz normale Tätigkeit. Da wird britisch pragmatisch gefragt: Wie haben es unsere Vorfahren gehalten? Wodurch hatten sie Vorteil? Haben sie nicht seit vierhundert Jahren Krieg gegen den Hauptwettbewerber oder die stärkste Kontinentalmacht geführt? Man wägt, gleich einem Kaufmann: ist es vorteilhaft, gegen Frankreich Krieg zu führen, kann uns Österreich schaden? Was bringt uns eine Krieg gegen Deutschland? 250 Millionen Pfund = 5 Millionen [Milliarden, Anm. d. Webm.] Mark pro Jahr? Die Sicherung unserer Vorherrschaft? Müssen wir später gegen die USA kämpfen?

Der Gedanke, ob ein Krieg moralisch vertretbar ist, stellt sich gar nicht! Da ist es allenfalls “rauh”, jemanden in den Krieg zu treiben. Da wird der Krieg zum Spiel, zum doppelten. Da stellt man Fallen, indem man den Gegner ganz methodisch in seinen Fehlern bestärkt. In diesem “Spiel” lockt “höchster Gewinn”. Nehmt euch von Deutschland, was ihr wollt, so kauft man die Bundesgenossen, für sich selbst nimmt man das Geld.

Ist es nicht besser, daß der andere, der Feind, gänzlich verschwindet? Destabilisiert er nicht später die Lage, gefährdet die Beute, wenn er sich erholt hat? Ist es nicht ein Kampf auf Leben und Tod? Ist es nicht besser, die Deutschen gleich auszurotten? Ist es nicht klüger, Deutschland von der Landkarte auszuradieren? Germania esse delandam! Man hat doch die fortgeschrittenen Technologien - womit wohl die Neutronenbombe gemeint ist: die Deutschen wären tot und die Beute intakt.

Da darf es auch keinen Frieden in Ehren geben. Da ist die Greuelpropaganda fortzusetzen und zu steigern, bis niemand mehr ein gutes Wort über den Feind annehmen wird. Der Feind wird zum Bösen an sich. Der Einwand Friedrich Grimms, der für solches Handeln generell gilt: Dann werden sie eine große Verantwortung auf sich laden - geht hier fehl. Verantwortung gegenüber dem Feind gibt es nicht und Schuld schon gar nicht. Schuld ist in diesem System nur eine Frage der Macht. Gott braucht es hier nicht mehr, es darf ihn gar nicht geben! “Du sollst nicht töten” verkommt zum Geschwätz. Der Mensch setzt sich an Gottes Stelle.

Die bekennenden Träger solcher Ideen sind ein hoher britischer Politiker, Marineminister des 1. WK und Premierminister des 2. WK, ein ehemaliger tschechischer Staatspräsident, ein polnischer Außenminister des Jahres 1938, ein polnischer Präsident von 1990 und ein ehemaliger amerikanischer Außenminister.

Erschreckend ist die Kontinuität, mit der sich diese Ideen von 1895 bis 1994 verfolgen lassen, und die Selbstverständlichkeit, mit der noch 1989 bei einem doch wohl breiten Publikum einer britischen Wochenzeitung nicht nur die Ideen, sondern auch die Akzeptanz vorausgesetzt werden. Bei Kissinger verblüfft, daß es hier nicht mehr darum geht, eine deutsche Vorherrschaft zu verhindern, da wird schon der Gedanke eines Deutschlands als Partner der USA als gefährlich erklärt.

CHURCHILL UND MORUS

Welchen geistesgeschichtlichen Hintergrund hat die Kontinuität britischer Politik? Das Vorbild findet sich in “Utopia” von Thomas Morus. “Utopia“, als Sozialentwurf verkannt, ist ein Staat mit einer Priesteraristokratie, in der die Priester keinem Öffentlichen Gericht, sondern nur Gott und ihrem Gewissen unterstehen. Das Herrschaftssystem der Utopier umfaßt neben dem vielzitierten Sozialmodell auch ein Weltherrschaftsmodell. Durch die Überbewertung des ‘utopischen’ Sozialmodells ist die Bedeutung der Ideen von Morus für die britische Machtpolitik verkannt - zumindest in diesem Jahrhundert vergessen worden.”[13]

Machiavelli ließ den Fürsten über sein Volk herrschen und sich gegen seine Nachbarn behaupten. Die Utopier beherrschen indessen die Welt. Sie entscheiden weltweit über gerecht und ungerecht, so, wenn “Kaufleute bei irgendeinem Volke unter dem Schein des Rechtes schikaniert werden, sei es, indem man unbillige Gesetze zum Vorwand nimmt oder indem man an sich gute Gesetzesbestimmungen verkehrt auslegt.” Die Utopier sind die herrschende Wirtschaftsmacht ihrer Welt. Sie horten und raffen möglichst viel Geld zusammen, denn das Geld ist die Quelle ihrer Macht, der Abbruch der Handelsbeziehungen eine ihrer bevorzugten Waffen. Im Kriegsfall kaufen sie mit Geld Soldaten und Verräter oder säen Zwietracht zwischen ihren Feinden, ohne jegliche moralische Einschränkung: “So … treiben Belohnungen zu jedem beliebigen Verbrechen an!” Dank ihres Reichtums sind ihnen die meisten Nationen verschuldet.[15] Aus “Utopia” kann man mit Churchill die Grundlagen eines Credos des Liberalismus gewinnen.[16]

Utopia“, genau 379 Jahre vor dem ersten Saturday Review-Artikel erschienen, scheint der britischen Politik als Steinbruch gedient zu haben. Schon bei Erscheinen wurde es als politischer Schlüsselroman verstanden: “Die utopische Flagge deckt in Wahrheit englische Ware.” Versatzstücke aus “Utopia” prägen die klassische britische Politik, die uns Deutschen zum Teil sehr bekannt vorkommen: “… stacheln sie die den Feinden benachbarten Völker auf und hetzen sie in den Kampf, indem sie irgendeinen alten Rechtsanspruch ausgraben, um die ja Könige niemals verlegen sind.” Aber auch die Unerbittlichkeit der Kriegsführung findet sich dort schon. “Ob nun Recht oder Unrecht vorlag, jedenfalls war der Rachekrieg, der außer dem Kräfteaufgebot und dem Haß der beiden Parteien auch noch die Leidenschaften und Hilfsmittel der umliegenden Völker in seinen Strudel zog, so blutig, daß einige der blühendsten Nationen bis ins Mark erschüttert, andere schwer mitgenommen wurden…” Auch der Ratschlag, andere für sich kämpfen zu lassen, kommt von Morus, denn neben Söldnern “verwenden sie auch die Truppen der Nation, für die sie die Waffen ergreifen, weiterhin die Hilfstruppen ihrer anderen Freunde. An letzter Stelle ziehen sie ihre eigenen Bürger heran…”[17] (Es gibt hier noch zahlreiche andere Bezüge zur britischen Politik, auf die einzugehen hier zu weit führen würde.)

Als Winston Churdüll 1936, 420 Jahre nachdem Morus den 1. Teil der “Utopia” verfaßt hatte, in seiner Geheimrede den Kampf gegen den beherrschenden Tyrannen als vierhundertjährige britische Politik anführte und dann noch behauptete: “so bewahrten wir die Freiheit Europas”, argumentierte er in der Tradition der Utopier: “Jedoch fangen sie nicht leichten Herzens einen Krieg an, es sei denn… aus Mitleid mit irgendeinem von Tyrannei bedrückten Volk, das sie mit ihrer Macht vom Joche der Tyrannen und der Sklaverei befreien wollen.”[18]

Als aktueller Tyrann findet sich bei Morus Karl VIII. von Frankreich. Dessen konkrete Lage erörtert Morus in “Utopia” in einer fiktiven Diskussion zwischen Karl VIII. und seinen Ratgebern.[19] Unter dem Schein des Abscheus werden hier die utopischen Techniken illustriert, durch Geld oder Beute andere auf den eigentlichen Gegner zu hetzen. 1511 trat England in die Heilige Liga ein, womit wohl der Anfang dieser, von Churchill beschworenen vierhundertjährigen britischen Kriegspolitik gemacht wurde.

DER COMMON SENSE…

Die Saturday Review-Artikel erscheinen zwischen 1895 und 1897 anonym. Doch was ist das für eine Zeitschrift? Der Brockhaus von 1908 erwähnt sie als “seit 1855 erscheinende imperialistische ‘Zeitschrift’ mit geistvollen Besprechungen der engl., franz. und deutschen Literatur”[20] Ihrer Bedeutung gemäß findet sie sich in vielen deutschen Bibliotheken, teils sind die Jahrgänge ab 1855 vorhanden. Über die Leser ist wenig zu sagen, sie müssen wohl aus der gebildeten Oberschicht stammen. Leichter fällt ein Urteil über die Mitarbeiter, unter denen sich klangvolle britische Namen finden. Viele von ihnen veröffentlichten mehrfach, teils publizierten sie regelmäßig.

Viele der Artikel erschienen anonym, was der Liste der Namen eher noch ein größeres Gewicht gibt, da es Brauch in England gewesen zu sein scheint, daß hochrangige und vermögende Personen andere für sich schreiben ließen.[21] Allein in der Zeit zwischen dem 24. August 1895 und dem 11. September 1897, in der diese Artikelfolge erschienen ist, finden sich berühmte britische Namen: G. Bemard Shaw[22], H. G. Wells[23], Winston S. Churchill[24] W. B. Yeats[25], Conan Doyle[26], Henry M. Stanley[27], Rudyard Kipling[28] und Algemon Charles Swinburne[29]. Von den Genannten erhielten vier den Nobelpreis und einer war im 1. Weltkrieg sehr einflußreich und im 2. Weltkrieg die Schlüsselfigur der britischen Politik.

Der Ruf vieler anderer Mitarbeiter ist so bedeutend, daß sie noch 70 Jahre später in einem anderen deutschen Lexikon[30] genannt werden, aus dem auch die Informationen über die Autoren stammen: Sir Max Beerbohm[31], englischer Schriftsteller und Karikaturist aus dem Kreis um Wilde und Beardsley; John Bagnell Bury[32], klassischer Philologe und Historiker, Professor in Cambridge und einer der bedeutendsten Gelehrten auf dem Gebiet der spätantiken und byzantinischen Geschichte, Herausgeber von E. Gibbons: “Histoiy of the decline andfall of the Roman Empire”; Stephen Crane[33], amerikanischer Schriftsteller, befreundet mit J. Conrad, H. James und H. G. Wells; John Davidson[34], schottischer Dichter und Dramatiker; Charles Wentworth Dilke[35], Herausgeber der Zeitschrift Athenaeum sowie 1868-86 und 1892-1911 Mitglied des Unterhauses, unter Gladstone 1880-82 im Foreign Office (brit.-frz. Handelsvertrag 1882), Publizist und Vertreter eines liberalen Imperialismus; Edward Dowden[36], britischer Literaturhistoriker, Professor in Dublin; Richard Garnett[37], englischer Schriftsteller und Bibliothekar am Britischen Museum; Frank Harris[38], amerikanischer Schriftsteller angloamerikanischer Herkunft und Besitzer von The Saturday Review, der G. B. Shaw als Theaterkritiker einstellte; William Henry Hudson[39], englischer Schriftsteller, dessen Bücher sich durch Genauigkeit der Naturschilderungen auszeichnen; Sir Oliver Lodge[40], britischer Physiker, Professor in Liverpool und erster Präsident der Universität in Birmingham; Margaret Macdonald[41], britische Kunstgewerblerin, bildete mit ihrer Schwester und ihrem Mann Ch. R. Mackintosh die Glasgower Schule; Frederic William Henry Myers[42], englischer Schriftsteller, Mitbegründer der Society of Psychical Research; Coventry Patmore[43], englischer Dichter; Sir Will(iam) Rothenstein[44], britischer Maler und Graphiker, von Degas und Whistler beeinflußt, im 1. und 2.Weltkrieg offizieller Kriegsmaler der britischen und kanadischen Armee; Arthur Symons[45], englischer Lyriker und Kritiker, eifrigster Verfechter des Symbolismus in England; Silvanus Phillips Thompson[46], britischer Physiker, Professor in Finsbury Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaft; Alfred Russel Wallace[47], britischer Zoologe und Forschungsreisender; die auf seinen Reisen entstandenen Eindrücke brachten ihn auf die Idee dernatürlichen Zuchtwahl durch Auslese im Kampf ums Dasein. Darwin kam ihm bewußt zuvor mit seinen Veröffentlichungen, schuf mit Bates die Lehre von der Mimikry; Sir Williain Watson[48], englischer Lyriker, mehrfach geehrt, jedoch nicht zum “poet laureate” ernannt, da er ein Gegner der Empirepolitik war! - woraus vielleicht eine Opposition zu obigen Ideen folgt. Die Mitarbeiter rekrutierten sich zumeist aus dem vermögenden Bildungsbürgertum. Namhafte Militärs habe ich, bis auf zwei Namen, kaum gefunden: General Neville Chamberlain[49], ein alter Veteran über 70 aus Indien, der sich in obigem Lexikon nicht findet, ist zu nennen; er ist aber wohl allenfalls entfernt mit der Politikerfamilie Chamberlain verwandt, und Admiral Colomb[50], der Erfinder des Colombschen Signalapparats.

Keiner dieser Autoren und keiner der Leser hat sich in The Saterday Review gegen die Vorschläge zur Zerstörung Deutschlands gewandt oder sie als Wahnideen abgetan, auch nicht, nachdem diese Ideen wiederholt vorgetragen wurden. Schon die globale Anlage der Zerstörungsidee mit den biologischen und historischen Rückgriffen auf Darwins Entwicklungslehre und den Vergleichen Rom = Großbritannien und Karthago = Deutschland und der Bezug auf Cato mit seinen Hetzreden zum Krieg: “Ceterum censeo Carthaginem esse delendam” offenbart die Drahtzieher. So ist es nur konsequent, wenn in weiteren Artikeln und Leserbriefen an den Zerstörungsideen gewebt wurde. Der Vergleich des britischen und römischen Reiches taucht in deutlicher Anspielung an den Aufruf, Deutschland zu vernichten, 1896 in anderen Texten in The Saturday Review auf, J. B. Bury[51] untersucht die Ursachen des Untergangs Roms durch den Einfall der Germanen, wobei er konstatiert, daß Rom untergegangen sei, nicht wegen eines moralischen Verfalls, sondern weil es nicht wenigstens eine kleine Schicht mit ausgeprägtem Machtwillen besessen habe. Doch Großbritannien, so Bury, besitzt diese Schicht! In einem anonymen Leserbrief eines “GREATER-ENGLANDER”[52] zu dem Artikel von Bury, wird eine überlegene Flotte als Basis des britischen Weltreiches gefordert.

Der wirtschaftliche Machtzuwachs Deutschlands wird argwöhnisch verfolgt, vor allem die Zunahme der deutschen Eisen- und Stahlexporte wird in redaktionellen Artikeln[53] nüchtern oder in einem anonymen Leserbrief eines “Perplexed”[54] aufgeregt verfolgt. Aber darüber hinaus wird auch schon am Monsterbild Deutschlands gearbeitet. Um den Weg zu bereiten, Frankreich als Hauptfeind durch Deutschland zu ersetzen, erfährt der englische Leser, wie unbeliebt der Deutsche und wie beliebt der Franzose heute in England ist, eine Tatsache, die ein Engländer, der in England lebt, doch nicht aus der Zeitung zu erfahren bräuchte. Oder es wird der Krieg zwischen Dänemark und dem deutschen Bund zum Überfall Preußens auf Dänemark umgefälscht[55]. Als einen der wenigen strategischen Entlastungartikel ist eventuell ein Aufsatz über Martin Luther anzuführen, der darauf verweist, daß Luther das Individium vor allem Gott gegenüber verpflichtet.[56]

… UND SEIN ANTIPODE

Nur Bernard G. Shaw hat sich ab 1898, allerdings zunächst verdeckt, auf die vielfältigste Weise vehement in Wort und Werk gegen diese Ideen gewandt, in einem Ausmaß, daß er zu dem Kronzeugen gegen Großbritannien geworden ist. Doch in Deutschland wurde der Zusammenhang zwischen Shaws Protesten und dem “Germania esse delendam” nicht erkannt.

Shaws 1898 erschienenes historisches Drama “Cäsar und Cleopatra“[57] ist eine einzige Antwort auf die Wahnideen des britischen Bürgertums der Saturday Review. Die Auseinandersetzung zieht sich durch Prolog, Drama und die Anmerkungen. Im Stück steht Rom, analog Großbritannien, an einer Wegscheide. Shaw stellt dem Bild des alten, machtgierigen Rom, das mit Pompeius “die Götter nachäffte”[58], das andere, neue Rom Cäsars gegenüber. Indem Cäsar mit dem alten Rom bricht, führt er es zu Bestand und Größe.

Shaw glorifiziert Cäsar zu einem pflichtbesessenen, gütigen und weisen Staatsmann. So, als habe Shaw die Schauprozesse Moskaus vorausgeahnt, läßt er Cäsar belastende Briefe, die sein Sekretär Britannus(!), ein Widerling, stolz präsentiert, weil dadurch Cäsar seine Feinde in der Hand habe, ins Meer werfen. Cäsar zu Britannus: “Möchtest du wirklich, daß ich die nächsten drei Jahre meines Lebens verbringe, Männer zu ächten und zu verdammen, die meine Freunde sein werden, wenn ich ihnen beweise, daß meine Freundschaft mehr wert ist, als die des Pompeius wert war - und die des Cato (der zu dieser Zeit über 100 Jahre tot ist und dessen Ausspruch: “Carthago esse delendam” Cäsar annulliert, d. V.) wert ist? Du unverbesserlicher Brite; bin ich denn eine Bulldogge, die Streit sucht, nur weil sie zeigen möchte, wie stark ihre Kinnbacken sind?”[59] In einer anderen Szene, in aussichtsloser Lage, im Geiste des alten Roms zwangsläufig am Anfang einer Kette voller Morde, stellt sich Cäsar gegen diesen Weg mit den prophetisch warnenden Worten: Und so wird bis zum Ende der Zeiten Mord Mord gebären, und immer im Namen des Rechts, der Ehre und des Friedens, bis die Götter des Blutvergießens müde sind und eine neue Menschenart hervorbringen, die Verstand hat.”[60]

Statt des Staatsmannes für Großbritannien, den Shaw herbeischreiben wollte, fand Shaw nur Sir Edward Grey, “ein gewissenloser Hochstapler und Narr und schlimmer… als Cesare Borgia”[61], und so wird er zwanzig Jahre später nicht mehr an das Heil Großbritanniens und der Welt denken, sondern nur noch an das seiner Seele. In “Haus Herzenstod”, zwischen 1913 und 1919 entstanden, zeichnet er in Anlehnung an Tschechow ein Spiegelbild der müßigen europäischen Gesellschaft, auf die so auch Scheler Bezug nimmt. Das Lebensgefühl dieser Schicht ist für Shaw typisch für alle Länder Europas: “Dieselben netten Menschen, dieselbe äußerste Wertlosigkeit… Sie haßten die Politik, sie wollten für die gewöhnlichen Menschen nicht das Land der Utopie verwirklichen. Sie wollten ihre Lieblingsphantasien und -gedichte in ihrem eigenen Leben verwirklichen, und wenn sie sich’s leisten konnten, lebten sie unbekümmert von einem Einkommen, das zu erwerben sie nichts unternahmen!”[62]

In “Haus Herzenstod” treffen ein alter Seemann und ein junges Mädchen aufeinander, die, so will mir scheinen, den jungen und den alternden Shaw verkörpern. Der Alte warnt die Junge, sie solle sich vorsehen, in Variation von Matthäus 16,26: “Es ist klug, die ganze Welt zu gewinnen und dabei die Seele zu verlieren. Aber vergessen sie nicht, daß Ihre Seele Sie nicht verläßt, wenn Sie an ihr festhalten; nur die Welt hat ihre Art, in Ihren Händen zu zerrinnen.”[63] Soweit der Dichter und sein Werk. Auf den Politiker und sein Wort wird noch zurückzukommen sein.

DER HARTE KERN

Die Verfasser der drei eingangs aufgeführten anonymen Artikel sind teilweise bekannt. Über den Verfasser des ersten Artikels vom 24. August 1895: “Die für uns Engländer richtige Außenpolitik” hat Hans Grimm, der 1895 als junger Kaufmann in Großbritannien war, über seinen Gastvater erfahren: “Und es traf sich zufällig, daß meinem Chef, der selbst der englischen konservativen Partei angehörte, unversehens zugetragen worden war, jener Aufsatz zur englischen Außenpolitik vom 24. August 1895 sei von einer ganz bestimmten Richtung im englischen Außenamt, gelenkt von dem Halbdeutschen Sir Eyre Crowe, ausgegangen …”[64] Hinter dem Biologist, dem Verfasser des Aufsatzes vom 1. Februar 1896: “Eine biologische Betrachtung unserer englischen Außenpolitik von einem Biologen”, verbirgt sich Sir P. Chalmers Mitchell, Professor der Astronomie und Biologie in Oxford, wie ebenfalls Hans Grimm herausgefunden hat.[65] Mitchell war, so Grimm weiter, von 1916 bis 1919 als Hauptmann im britischen Generalstab und hatte Verbindung zu Crowe.

Aufschluß über die Gruppe um Crowe gibt eine Tagebuchnotiz des Oberleutnants C. A. Repinton vom 12. Oktober 1918, in der er schreibt, daß zur geplanten Friedenskonferenz vom Foreign Office als Unterhändler Crowe, Mallet und Tyrell gehen werden. Überdies hält er fest: “Sie traten zwischen 1885 und 1893 ins F. O. ein und waren, mit Carnock und Bertie, die ganze Zeit über das Haupt und die Front der anti-deutschen Partei, verärgert über unsere Kapitulation vor Deutschland und überzeugt, daß Deutschland unseren Ruin plane. Sie machten unter sich die deutsche Gefahr zum Grundzug unserer Außenpolitik.”[66] Zu diesem Kreis des F. O. ist noch ein anderer zu zählen, dessen Bedeutung für den Ausbruch des 1. Weltkrieges kaum überschätzt werden kann: Sir Edward Grey.

1892 wird Edward Grey parlamentarischer Unterstaatssekretär unter Lord Rosebery, der das Foreign Office übernimmt. 1895 wird Rosebery abgewählt, und Grey verliert sein Amt. Grey schreibt über diese Jahre: “Der Verkehr mit dem Personal des Foreign Office war sehr angenehm gewesen, und ich verließ das Amt mit dem Gefühl der Dankbarkeit für die mir erwiesenen Freundlichkeiten und die Erfahrungen, die ich mir dort angeeignet hatte.” Zu diesen Erfahrungen zählt offenbar auch das Weltbild, daß England sich gegen Deutschland stellen und sich Frankreich zuwenden müsse. In seinen Memoiren, in einer sehr verschwommenen diplomatischen Sprache gehalten, heißt es: Im Lichte der späteren Ereignisse mag die ganze Politik der Jahre 1886 bis 1904 als eine Politik kritisiert werden, die das Spiel der Deutschen besorgte.” Konkrete Kritik äußert sich bei Grey so: “In Ägypten hingen wir von der Unterstützung Deutschlands ab und erhielten sie auch, doch waren wir niemals sicher, ob uns nicht ein Preis dafür abgepreßt werden würde.” Das England Greys wollte der alleinige Herr der Welt bleiben und die Macht mit keinem, schon gar nicht mit Deutschland teilen. Dies ist der Grundgedanke, der sich durch Greys Memoiren zieht, und seine Freude, als sich die britische Politik 1904 Frankreich nähert, äußert sich, verglichen mit dein sonstigen trockenen Text, überschwenglich: “Der eigentliche Grund zur Befriedigung war das Ende der erbitterten Zwistigkeiten und das Verschwinden der Kriegsgefahr mit Frankreich. Die düsteren Wolken hatten sich verzogen, der Himmel war klar und die Sonne schien warm. Übelwollen, Abneigung und Haß schaffen eine Atmosphäre ständigen Unbehagens, ob es sich nun um eine Person oder eine Nation handelt. Sie treten zwischen uns und alles, was schön und heiter ist, und löschen die Sonne aus. Betreffen aber diese Gefühle eine, mit der unsere Interessen sich berührten, so vergiften sie die Atmosphäre der internationalen Beziehungen. So war es zwischen Großbritannien und Frankreich gewesen … Das alles sollte jetzt anders werden. Angenehmes zu sehen bekommen, wo man früher nur Unangenehmes sah, verstehen und verstanden zu werden, wo es früher nur Verdrehungen und Mißdeutungen gab, Freunde statt Feinde zu haben - eine solche Wendung gehört zu den größten Freuden, die das Leben zu bieten vermag.”[67]

Frankreich war in den Augen Greys keine England ebenbürtige Macht mehr. Grey übernimmt 1905 das Auswärtige Amt und umgibt sich in der Folge mit den Herren aus dem deutschfeindlichen Kreis des Foreign Office. Crowe, Mallet, Tyrell und Bertie gelangen alle in Schlüsselpositionen und arbeiten eng mit Grey zusammen. Nur über Carnock habe ich nichts gefunden. Bertie war vorher schon Botschafterin Paris geworden und bildete in Zukunft eine der Säulen der neuen britischen Politik.[68] Unter Grey, so Margret Boveri, werden die Botschafter der wichtigsten europäischen Länder ausgetauscht, allein die Pariser Botschaft mit Sir F. Bertie bleibt unverändert, und “aus den Privatbriefen zwischen ihm und Grey geht hervor, daß zwischen beiden Männern nahe Beziehungen und ein ausgezeichnetes Einverständnis geherrscht haben muß.” Louis Mallet war von 1905 bis 1906 Privatsekretär von Grey und von 1906-1907 Senior Clerk im F. O., von 1907 bis 1913 Assistant Under-Secretary of State for Foreign Affairs und zwischen 1913 bis 1914 als Diplomat in Constantinopel. Margret Boven hält den Einfluß von Mallet auf Grey für “beträchtlich” und zählt ihn “zu den eifrigen Befürwortern der englisch-russischen Freundschaft. Noch ausgeprägter als diese Tendenz ist bei ihm das anti-deutsche Verhalten.” William Tyrell warvon 1907 bis 1918 SeniorClerk im Foreign Office und von 1907 bis 1915 Privatsekretär von Edward Grey.[69]

In seinen Memoiren hebt Grey besonders Tyrell hervor und schreibt mit Bezug auf ihn: “Die Öffentlichkeit kann kaum ermessen, wie viel sie den besonderen Talenten und Eigenschaften ihrer Dienerin hohen Staatsstellungen zu verdanken hat. Ein Mann, der solche Qualitäten besitzt, leistet nicht nur seinen eigenen Dienst, sondern nimmt auch an der Führung der Staatsgeschäfte aktiven Anteil … Ich hatte während meiner amtlichen Tätigkeit Gelegenheit, den Wert von Tyrells Diensten kennen zu lernen, doch vor allem will ich unserer Freundschaft gedenken, die im Foreign Office begonnen hatte und darüber hinaus in intimster Weise fortbestand.”[70]

Eyre Crowe schließlich wurde 1906 Senior Clerk im Foreign Office und war von 1912 bis 1920 Assistant Under-Secretary of State for ForeignAffairs.[71] Seine Rolle für die britische Deutschlandpolitik kann gar nicht überschätzt werden. Für Hermann Lutz, Sachverständiger im Untersuchungsausschuß des Reichstages für die Kriegsschuldfrage, ist Eyre Crowe “der böse Geist des Foreign Office”[72], und Margret Boven verstärkt eher noch: “Obwohl wir … seinen direkten Einfluß auf die täglichen Entscheidungen im Foreign Office gering veranschlagen müssen (wegen seiner relativ niedrigen Stellung; wegen seiner deutschen Mutter stieg er vermutlich nur langsam auf, d. V.), war seine starre Haltung doch sicherlich von ungeheurer Wirkung auf die Gestaltung der Atmosphäre, die im Western Department herrschte und aus der heraus Politik gemacht wurde.”[73]

Hier sei kurz angemerkt - darauf Wird später eingegangen - daß Crowe aus untergeordneter Position heraus, als Sachkenner Deutschlands, die offizielle Politik mehrfach entscheidend beeinflußte. Edward Grey selbst gedenkt Crowes an herausragender Stelle in seinen Memoiren: “Es gereichte nur, nachdem ich das Amt verlassen hatte, zur großen Befriedigung wahrzunehmen, mit welcher Kenntnis, Geschicklichkeit und Hingabe Sir Eyre Crowe dem Foreign Office vorstand.”[74] Und als Fußnote fügte er hinzu: “Seitdem diese Worte geschrieben wurden, hat das Land durch den Tod Sir Eyre Crowes einen unersetzlichen Verlust erlitten.”

Unter Grey steigen somit die deutschfeindlichen Kreise, die hinter dem Saturday Review-Artikel von 1895 standen, in Schlüsselpositionen auf.

Grey hat Teile der dortigen Denkmuster gekannt - und indirekt gebilligt. So hat Grey ein Gespräch vom 28. April 1908 mit Clemenceau aufgezeichnet und für so bedeutsam gehalten, daß er es als eines der wenigen Dokumente in seine Memoiren aufgenommen hat. Dort heißt es: “Herr Clemenceau unterhielt sich heute vormittag mit mir im Foreign Office. Mit großem Nachdruck vertrat er die Überzeugung, daß wir auf dem europäischen Kontinent gegen jede Macht einzuschreiten gezwungen sein würden, die dort eine vorherrschende Stellung erlangte, wie wir es zu Napoleons Zeiten waren. Er meinte, wir müßten darauf vorbereitet sein … Er halte das für sehr wichtig. Das Schicksal Napoleons sei bei Waterloo und nicht bei Trafalgar entschieden worden. Und so würde es wieder sein müssen, wenn eine Kontinentalmacht nach der Vorherrschaft streben sollte …”[75]

Clemenceau benutzt hier völlig bewußt jene Denkmuster aus den Saturday Review-Artikeln, um England in einen Krieg gegen Deutschland zu treiben, und Grey reagiert so, daß ihm nicht nur diese Denkmuster vertraut sind, sondern daß er sich auch darin bewegt. Das belegt auch ein Zitat von Grey, das sich bei Margret Boveri findet: “Die Deutschen machen sich nicht klar, daß England stets gegen jede Macht, die eine Hegemonie in Europa aufrichtet, in Opposition geraten oder bewußt getreten ist.”[76]

Grey hat durch sein Verhalten viele Deutsche, und nicht nur Diplomaten, sondern auch Wissenschaftler über seine deutschfeindliche Einstellung getäuscht, in einem Ausmaß, daß Hans Rothfels veranlaßte, spöttisch auf den Ausspruch eines preußischen Artillerieleutnants über Napoleon zu verweisen: “Ein herzensguter Kerl, aber dumm, dumm.”[77] G. B. Shaw, der ja als Mitarbeiter der Saturday Review in den Jahren 1895 bis 1897 mit der deutschfeindlichen Entwicklung vertraut war und die Autoren der Hetzartikel gegen Deutschland sicher kannte, hat versucht, den deutschen Botschafter Lichnowsky in London mittelbar vor Grey und seiner Politik zu warnen. Er unterbreitete Lichnowsky einen Vorschlag. Shaw: “Er wies ihn zurück, ohne sich einen Augenblick zu besinnen. Er sei unangebracht, weil Sir Edward Grey einer der größten lebenden Staatsmänner sei, überdies der aufrichtigste Freund Deutschlands. Ich konnte … nicht meine Hände zum Himmel heben und mit Huß ausrufen: Sancta simplicitas! Außerdem war er es ja Lichnowsky, nicht ich, der zum Scheiterhaufen ging … Es war nicht meine Aufgabe, den Fürsten darüber aufzuklären, daß er geradewegs in eine Falle ging…”[78] Eine Falle, so umfassend aufgebaut, daß Shaw über die britischen Drahtzieher anläßlich des Ausbruchs des 1.Weltkrieges schreibt: “Sie fühlten in dieser wichtigen Stunde, daß England verloren sei, wenn nur ein einziger Verräter in ihrer Mitte über irgend etwas in der Welt ein Körnchen Wahrheit verlauten ließe.”[79]

Ab 1905 beginnt das Foreign Office systematisch eine Front mir Rußland und Frankreich gegen Deutschland aufzubauen. Diese Entwicklung ist an Hand der veröffentlichten Akten von deutscher Seite nach dem verlorenen Krieg belegt. Crowe, aber nicht nur er, hat durch zahlreiche Papiere, vor allem aber durch sein Memorandum vom 1. Januar 1907[80] systematisch gegen Deutschland gearbeitet, indem er behauptete, Deutschland strebe nach der Weltherrschaft und wolle England heimlich überfallen. Sanderson, Permanent Under-Secretary of State for Foreign von 1894 bis 1906, hat die schlimmsten Verzerrungen in Crowes Memorandum in einem Gegengutachten zurückgewiesen. Grey gab das Papier nur an Gesinnungsgenossen weiter, ansonsten blieb es liegen.[81]

Es würde zu weit führen, alle die Lügen, Entstellungen, Verdrehungen und Kniffe, mit denen Grey, Crowe und Kumpane den Weg für einen Krieg gegen Deutschland bereiteten, vorzutragen. Sie sind ausführlich in vielen bis ins letzte Detail gehenden Untersuchungen in Deutschland dargelegt worden.[82]

G. B. Shaw hat den 1.Weltkrieg auf diesen Kein reduziert: “Die gegenwärtige Zerstörung der deutschen Militärmacht ist … eine durchaus reguläre Aktion der britischen Außenpolitik, die mit all der Entschlossenheit, Geduld, Verschlagenheit und Kraft, die wir an England gewöhnt sind, und mit überwältigendem Erfolg planmäßig durchgeführt wurde. Ebenso aber auch mit der ganz verblüffenden englischen Fähigkeit, vor sich selbst zu verschleiern, was man tut. Der Engländer weiß nie, was das ‘Foreign Office’ im Schilde führt; … Ein Instinkt sagt ihm, daß es besser für ihn ist,… (die Maßnahmen, d. V.) nicht zu kennen.” Die gesamte Schrift steckt voll solcher und anderer Belegstellen, die die Techniken und teils auch die Motive des britischen Imperialismus beschreiben. Für die Schlüsselrolle Greys und seine Methoden noch ein Zitat: “Grey stürzte nicht über seine Fehler; ihm wurde vielmehr die Tatsache verhängnisvoll, daß die Notwendigkeit, das britische Publikum mit einem Kindermärchen über Wesen und Ursachen des Krieges zu füttern, es ihm unmöglich machte, seinen eigenen Triumph zu unterstreichen; denn dieser war von der Art, die er selbst als machiavellistisch bezeichnet hatte.” Es gibt auch eine handfeste Tatsache, die belegt, daß Shaw genau wußte, wovon er sprach, daß er die Grundideen von Grey kannte. 1912 machte er Öffentlich einen Vorschlag, wie der Frieden erhalten werden könne, es ist jener, den er auch Lichnowsky unterbreitete: “Um den Krieg zu vermeiden, müsse England als Wächter über das Gleichgewicht der Mächte seine Armee verstärken und offiziell und unzweideutig erklären, daß es für einen deutschen Angriff auf Frankreich sein Schwert zugunsten des letzteren in die Wagschale werfen werde. Auf der anderen Seite müsse es aber auch die Versicherung abgeben, daß es Deutschland verteidigen werde, falls dieses von Rußland oder Frankreich oder von beiden angegriffen werde.”[83]

Der 1. Weltkrieg von 1914 hätte, nach allem, was heute bekannt ist, nicht stattgefunden. Deutschland hätte in Ruhe den Aufmarsch von Rußland gegen seine Grenzen hinnehmen können!

DER FEIND ALS VERBRECHER

Der Krieg als Endzeitschlacht, wo der Gegner nicht mehr nur der Gegner und schließlich der Besiegte, sondern das absolut Böse ist, war von der Saturday Review am 1. Feburar 1896 schon prognostiziert worden. Nach dem 2. Weltkrieg wurde dieser Weg dann konsequent durch Kriegsverbrecherprozesse und mehr beschritten. Daß sich diese Prozesse gegen Deutschland als solches richteten, zeigt die Charta der Vereinten Nationen, die Deutschland die Menschenrechte vorenthält. Da die Charta sich auch gegen Japan richtet, dem ja keine “unvergleichlichen” Verbrechen vorgehalten werden, wird der wahre Hintergrund offenbar: es geht gegen die beiden großen nichtwestlichen Wirtschaftsmächte und damit um das heiligste Gut des Westens, den Schlüssel zur Macht und dem Wohlleben.

Kriegsverbrecherprozesse wurden schon am Ende des 1. Weltkrieges von den Siegern gefordert. Das Verhalten von Eyre Crowe läßt vermuten, daß er der politische Initiator dieser für die moderne europäische Geschichte doch ungewöhnlichen Forderung war. Lutz schreibt: “Bezeichnend ist, daß die Darlegungen der deutschen Delegation in Paris in der Frage der Auslieferung der deutschen ‘Kriegsverbrecher’ auf alle einen gewissen Eindruck machten, außer auf den Vertreter Englands, Sir E. Crowe, der sich völlig ablehnend und fast beleidigend verhielt.”[84]

Die Fortsetzung dieser britischen Politik wird dann Winston S. Churchill betreiben, der diesen Kreisen und ihren Aktivitäten nicht nur durch seine Mitarbeit bei The Saturday Review verbunden war; er hatte auch ein sehr inniges Verhältnis zu Grey, über das Wilfrid Scrawen Blunt in seinen Tagebüchern berichtet: “Winston jedoch will über Grey nichts anderes gelten lassen, als daß er ein glänzendes Muster eines Engländers sei, der beste der Art, und sie sind offenbar gute Freunde; in der Tat ist Grey der Pate von Winstons Sohn.” Bekannt ist seine Rolle als Marineminister, bei der er eine Konstellation durch eine Anweisung vom 30. Juli 1914, also vor Kriegsausbruch, an die britische Mittelmeerflotte herbeiführte, die in jedem Fall bei einem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich, auch ohne einen Durchmarsch deutscher Truppen durch Belgien, England in den Krieg gezogen hätte.[85]

Überliefert scheint hier manches durch die frisch-fröhliche Art, in der Churchill die Außenpolitik geführt sehen wollte”, so Margret Boveri, die auch einen Brief von Mallet an Grey zitiert, wo vor Indiskretionen gewarnt wird, die “Churchill während eines Manövers entschlüpfen werden.”[86] Dieser Charakterschwäche Churchills verdanken wir vermutlich die Kenntnis der Geheimrede aus dem März 1936, die im Zitatenblock angeführt wurde. Der Text der Rede wurde im April 1936 der deutschen Botschaft in London zugespielt.[87] Nach dem 2. Weltkrieg veröffentlichte Churchill die Rede in: “The Second World War. The Gathering Storm” in der Ausgabe von Boston 1948. Vermutlich wurde interveniert, denn in der Londoner Ausgabe 1948 und natürlich erst recht in der deutschen Ausgabe fehlt sie!

Hier erklärt Churchill: “Denn, glauben Sie mir, wenn irgendeine dieser anderen Mächte, wie Spanien, Ludwig XIV., Kaiser Wilhelm, durch unsere Hilfe zum absoluten Herren Europas geworden wären, so würden sie uns beraubt und uns am Morgen ihres Sieges zur Bedeutungslosigkeit und Armut verurteilt haben:” Hier ist er wieder, des Pudels Kein: Die Macht und das Geld - der Rest ist Staffage! Weder der Sieg über Spanien, noch der über Ludwig XIV. oder Napoleon, der ja auch in diese Reihe gehört, hat zum Sieg der Demokratie in diesen Ländern geführt! Wie es den Menschen in diesen Systemen ging, war den Mächtigen in Großbritannien völlig gleichgültig - und nicht nur den Franzosen und den Spaniern, auch den eigenen Untertanen hat man die in der westlichen Propaganda so wichtige Demokratie vorenthalten.[88]

Denn wenn der Kampf wirklich gegen den Tyrannen und für die Demokratie geführt worden wäre, dann hätte sich die britische Politik vehement und tatkräftig gegen die Sowjetunion richten müssen, sei es auch nur durch fortwährende massive Unterstützung der Weißen gegen die Roten. Im 20. Jahrhundert hat man die Moral als Waffe entdeckt und gegen Deutschland gerichtet. Indem man den Feind zum Verbrecher stempelt, sanktioniert man jedes Verbrechen gegen ihn! Indem man seine Verbrechen ins ‘Unvergleichliche’ erhebt, relativiert man jedes andere Verbrechen ins Unbedeutende!

DIE FALSCHE PARALLELE

Rom und Karthago führten bekanntlich drei Kriege, Großbritannen und Deutschland bislang nur zwei! Seitdem Deutschland wiedervereinigt und der Kommunismus geschlagen ist und man deutsche Hilfe gegen die Sowjetunion nicht mehr braucht, taucht dieses Karthago-Syndrom wieder auf. Kissinger und Walesa, dessen Beutegier unübersehbar ist, wurden zitiert. Doch es gibt noch andere Texte ohne agressiven Hintergrund, was hoffen läßt.

Der Hauptankläger Großbritanniens im Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß Sir Hartley Shawcross, soll am 12.3.1948 - wenige Tage nach dem Umsturz in der CSR und dem Tod von Jan Masaryk erklärt haben: ” Schritt für Schritt bin ich immer mehr zu der Übrzeugung gekommen, daß die Ziele des Kommunismus in Europa finster und tödlich sind. Ich klage die Nationalsozialisten in Nürnberg an. Zusammen mit meinen russischen Kollegen verdammte ich die Nazi-Aggression und den Nazi-Terror Hitler und das deutsche Volk haben den Krieg nicht gewollt. Nach den Prinzipien der Balance of Power haben wir, angespornt durch die, ‘Amerikaner’ um Roosevelt, Deutschland den Krieg erklärt, um es zu vernichten. Wir haben auf die verschiedenen Beschwörungen Hitlers zum Frieden nicht geantwortet. Nun müssen wir feststellen, daß Hitler recht hatte. Anstelle eines konservativen Deutschlands, das er uns angeboten hatte, steht die riesige imperialistische Macht der Sowjets. Ich fühle mich beschämt und gedemüdigt, jetzt sehen zu müssen, wie dieselben Ziele, die wir Hitler unterstellt hatten, unter einem anderen Namen verfolgt werden, und daß dieselbe Technik hemmungslos Anwendung findet.”[89]

Die amerikanische Zeitschrift Newsweek schrieb am 8. Mai 1995: “Die Staatschefs, die sich diese Woche zur feierlichen Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkriegs versammeln, werden sich gemessen dem Versöhnungsthema widmen. Die Gewinner des Jahres 1945 zeigten gegenüber den Verlierern ein seltenes Maß an Großzügigkeit, wie sie es - mit verheerenden Folgen - nach dem Ersten Weltkrieg nicht getan hatten. Der Staat jedoch, der an erster Stelle diese Versöhnung bewirkt hat, wird nicht an der Party teilnehmen. Es ist die Sowjetunion, deren ideologische Bedrohung die siegreichen Westmächte veranlaßte, Deutschland und Japan wieder auf die Füße zu stellen im Rahmen einer freien Marktwirtschaft und der politischen Demokratie. Bei Licht besehen fand dieser Krieg nicht einmal 1945 sein Ende. Lediglich die Kriegführenden fanden sich in neuen Bündnissystemen wieder, und das bei geänderter Taktik. Das Ende kam nicht vor 1990-91, als Deutschland wiedervereinigt wurde und die Sowjetunion implodierte. Nach dieser zeitlichen Gesamtübersicht kann gesagt werden, daß es sich um einen fünfundsiebzigjährigen Krieg handelte. Der Kaiser und Hitler verloren, und Deutschland hat gewonnen.“[90]

Und Bonn? Daß die Regierenden sehr viel besser als die Regierten wissen, was sich hier global abspielt, belegt eine kleine Episode. Als der britische Premierminister John Major in seiner Ansprache in Berlin zum 50. Jahrestag des Kriegsendes vom 2. Dreißigjährigen Krieg 1914-1945 sprach: “Fifty years ago Europa saw the end of the 30 Years War, 1914 to 1945. The slaughter in the trenches, the destruction of cities and the oppression of citizens: all these left a Europe in ruins just as the other 30 Years War did three centuries before”, da verfäschte das Bulletin der Bundesregierung (Nr. 38,12. 5. 95) den Redetext in: “Vor fünfzig Jahren erlebte Europa das Ende der dreißig Jahre, die nicht einen, sondern zwei Weltkriege beeinhaltet hatten. Das Gemetzel in den Schützengräben, die Zerstörung der Städte und die Unterdrückung der Bürger hinterließen ein Europa in Trümmern, gerade, wie es einige Jahrhunderte zuvor der Dreißigjährige Krieg getan hatten.” Die britische Botschaft verschickte aber noch Wochen nach der Rede obigen Text, mit der eindeutigen Formulierung “the other 30 Years War“! Die Tatsache, daß Major den 1. und 2. Weltkrieg als eine Einheit sieht, darf nach dem Willen der Bundesregierung in Deutschland nicht publik werden.

Bert Brecht hat einst mit Blick auf Deutschland warnend geschrieben: “Das große Carthago führte drei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Es war nicht mehr auffindbar nach dem dritten. “[91]

Nach dem 1. Weltkrieg äußerte ein ausländischer Diplomat gegenüber Churchill: “In den zwanzig Jahren meines hiesigen Aufenthalts war ich Zeuge einer tiefgreifenderen und vollständigeren Umwälzung in England, als es selbst die französische Revolution gewesen ist. Die herrschenden Klassen bei Ihnen sind fast vollständig ihrer politischen Macht und in weitem Maße auch ihres Wohlstands und Landbesitzes beraubt worden; und das alles… ohne den Verlust eines einzigen Menscbenlebens.”[92]

Die europäischen Oberschichten, die Müßiggänger der Scheler und Shaw, die “klug” sein wollten, als sie den Krieg vom Zaune brachen, sie haben bezahlt! Anastasia, die Frau des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch - die 1914 nach dein Mord in Sarajewo gegenüber Poincaré triumphierend ausgerufen haben soll: “Der Krieg wird ausbrechen. Von Österreich wird nichts mehr übrig bleiben … Deutschland wird vernichtet werden!”[93] - hat alles verloren!

1947, nach dem 2. Weltkrieg, wurde Indien, die Krone des britischen Imperiums, selbständig. Ägypten löste sich 1951 von Großbritannien, und in der Folge mußte Großbritannien die Suez-Kanalzone räumen. 1957 wurde die Goldküste als erster Staat Schwarzafrikas unabhängig, eine Vielzahl von Kolonien folgten. Churchill mußte noch erleben, was Shaw wußte: daß die Welt, die man für seine Seele eintauscht, ihre Art hat, in den Händen zu zerrinnen. Schon den 1. und erst recht den 2. Weltkrieg konnte Großbritannien nicht aus eigener Kraft gewinnen! Großbritannien ist vom Herrn der Welt abgestiegen ins Bedeutungslose, und der Abstieg scheint noch nicht beendet. Neue Mächte steigen auf. Ihr Einfluß kann durch die modernen terroristischen Kriegstechniken und die Unbedenklichkeit, mit der sie benutzt werden, leicht ins Maßlose wachsen. Sie stellen Ansprüche und schaffen neue Konfliktherde. Die islamischen Mächte und der Fundamentalismus droht sie zu einen. Ein neuer Krieg gegen Deutschland würde ihre Macht ins Grenzenlose treiben. Es ist zu befürchten, daß mächtige Gruppierungen immer noch nicht sehen, daß die heutige Welt viel größer ist als des weißen Mannes Welt.

Übrigens war der Vergleich Rom = Großbritannien und Karthago = Deutschland falsch. Denn Karthago war die Handels- und Seemacht der Antike und Rom die Landmacht! Brecht war ein Meister der Sprache, aber kein politischer Kopf. Seine Geschichte wäre heute anders zu erzählen: Großbritannien gewann zwei Kriege. Es war noch mächtig nach dem ersten, noch bewohnbar nach dem zweiten. Glaubt jemand im Ernst, daß es Großbritannien wagen könnte, noch einen Krieg gegen Deutschland zu gewinnen?


Anmerkungen

 

  • Heinrich Fried Jung: “Das Zeitalter des Imperialismus 1884-1914“, 1.Band, Berlin 1919, S. 230 und 80
  • Paul Valéry: “Eine methodische Eroberung”, Zürich, New York 1946. S. 9 Vergleiche zu dem Text auch: Hans-Dietrich Sander: “Der nationale Imperativ” Krefeld 1980. S. 116 ff.
  • Max Scheler: “Die Ursachen des Deutschenhasses“, Leipzig 1917. S. 61ff. Was Großbritannien betrifft, vgl. auch Winston S. Churchill: “Meine frühen Jahre. Weltabenteuer im Dienst.” München 1965, 4. Auflage. S. 79. Im weiteren als Churchill: “Weltabenteuer” zitiert. Dort heißt es: “In jenen Tagen hatte die englische Gesellschaft noch ihre alte Form und Tradition bewahrt, ein glanz- und machtvolles Ganzes, von einer hochgesteigerten Norm des Benehmens und Verhaltens und mit sicheren Methoden, ihr allgemein Geltung zu verschaffen, wie sie heutzutage gänzlich vergessen sind. So ziemlich kannte eigentlich jeder jeden und wußte, wer er war. Die wenigen hundert großen Familien, die England viele Generationen hindurch regiert und den Aufstieg des Landes zum Gipfel seines Ruhms erlebt hatten, waren in weitestem Maße miteinander verschwägert. Überall, wo man hinkam, traf man Freunde oder Verwandte. Die führenden Persönlichkeiten der Gesellschaft waren oft zugleich auch die führenden Staatsmänner im Parlament und ebenso die führenden Sportsmänner auf dem Turf. Lord Salisbury hat es stets sorgfältig vermieden, das Kabinett einzuberufen, wenn in Newmarket Rennen war; und das Unterhaus hielt grundsätzlich während des Derbys keine Sitzungen ab.” Dieses Selbstzeugnis der britischen Oberschicht enthüllt das Gerede von britischer Demokratie als pure Heuchelei.
  • Zitiert nach Hans Grimm: “Warum-Woher-Aber wohin.” Lippoldsberg 1954. S. 33 Für das Original siehe: “Our True Foreign Policy.” In: The Saturday Review vom 24. August 1895. S. 228
  • ebenda, S. 46 ff. Für das Orginal siehe: “A Biological View of our Foreign Policy.” By a Biologist. In: The Saturday Review vom 1. Feburar 1896. S. 118 ff.
  • Bis auf die Überschrift nach ebenda, S. 58f. Für das Orginal siehe: “England and Germany.” In: The Saturday Review vom 11. September1897. S. 278f.
  • Zitiert nach Fritz Hesse: “Das Spiel um Deutschland.” München 1953. S. 66 ff. Für das Original siehe Winston S. Churchill, “The Second World War“, Band l. “The Gathering Storm“, Boston 1948. S. 207 ff.
  • Carl J. Burckhardt: “Meine Danziger Mission 1937-1939.“, 3. überarbeitete Auflage. München 1980. S. 156f.
  • Igor Lukes: “Benesch, Stalin und die Komintem 1938/39.” In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 41. Jahrgang 1993, 3. Heft, Juli 1993. S. 325.
  • Friedrich Grimm: “Politische Justiz, die Krankheit unserer Zeit.“, Bonn 1953. S. 146 ff.
  • Zitiert nach Frankfurter Allgemeine vom 18. September 1989. S. 2. Da der 18. September 1989 ein Montag war, wird als Erscheinungstag des Artikels der 17. September 1989 angenommen.
  • Zitiert nach einem Leserbrief von Ferdinand Otto Mischke, Officier de la Legion d’Honneur, Paris, in: Frankfurter Allgemeine vom 27. April 1990. S. 14. Für den Originaltext siehe: Elsevier vom 7. April 1990. S. 45
  • Thomas Morus: ,”Utopia”, übersetzt von Gerhard Ritter, mit einer Einleitung von Hermann Oncken. Darmstadt 1979. S. 104. Auch ist in “Utopia” die Ehescheidung nur ein formales Problem (vgl. S. 83). Man kann vermuten, daß “Utopia” Heinrich VIII. in mancherlei Hinsicht inspiriert hat. 1529 wurde Morus Lordkanzler. 1534 machte sich Heinrich VIII. zum Oberhaupt der Kirche und somit gewissermaßen zu ihrem ersten Priester - und da er auch König war - unterstand er, wie die Priester der Utopier, nur Gott und seinem Gewissen. In einem Brief bezeichnet sich Heinrich VIII. als König und Herrscher, der niemanden auf Erden als nur Gott allein über sich anerkennt und der den Gesetzen irdischer Geschöpfe nicht untertan ist.” Zitiert nach Winston S. Churchill: “Geschichte. Bd. II. Das neue Weltbild.” Stuttgart o.J. S. 69 Im weiteren zitiert als, ‘Churchill. Geschichte’. Zu Morus sei billigerweise erwähnt, daß er sich vehement gegen diese Selbsterhöhung Heinrichs VIII. stellte und deshalb 1535 hingerichtet wurde.
  • ebenda S. 89. Man denke hier an den zur Zeit der Niederschrift (Juni 1995) sich abzeichnenden Handelskrieg zwischen den USA und Japan, wo auf amerikanischer Seite ähnlich gedacht wird.
  • ebenda S. 61 oder auch S. 90 ff; 91; 92
  • Bei Churchill findet sich über die Zeit nach Heinrich VIII. der Satz: “Thomas Morus’ Definition, die Regierung sei eine Verschwörung reicher Männer, die unter dem Vorwand der Sorge für das Gemeinwohl in ihre eigene Tasche arbeiteten’, paßt nur allzugut auf das England jener Epoche.” Vgl. Churchill: “Geschichte.” Band II a. a. O. S. 97
  • Morus, a. a. O., S. 32. Auf Bezüge zwischen Morus und der britischen Kolonialpolitik hat auch Oncken ausführlich verwiesen. Vgl. S. 33; S. 91; 89; 93
  • ebenda S. 88. Das Widersinnige ist, daß die Utopier in ihrem Land sehr wohl die Sklaverei kennen (vgl. z. B. ebenda S. 80). Als Morus die Sklaverei in seinen Idealstaat einführte, war sie im Abendland verschwunden. Doch ausgerechnet ein solches Modell wird von den Intellektuellen der Moderne als Namensgeber für ihre Zukunftsentwürfe gewählt!
  • ebenda S. 29 ff., vgl. auch die Fußnote auf S. 29. Daß die Diskussion fiktiv ist, ist natürlich eine Vermutung, für die aber der Augenschein spricht, denn woher hätte Morus seine Informationen haben können.
  • Brockhaus Konservations-Lexikon. Leipzig 1908. Band 8. S. 374
  • Shaw hat in einer verbitterten Anmerkung zum Tode von Jaurés, offenbar aus Kenntnis der Praktiken der englischen Presse, geschrieben: “Ich habe einmal ein Preßgesetz in Vorschlag gebracht … jeder in einer Zeitung abgedruckte Artikel, sollte nicht nur Name und Adresse des Verfassers, sondern auch die Summe nennen, die für den Beitrag bezahlt wurde. Wenn der elende Tropf, der Jaurés ermordet hat, gewußt hätte, daß die nichtswürdigen Artikel… nicht die Stimme des gefährdeten Frankreichs waren, sondern das unwissende Geschmier irgendeines armen Teufels, der nicht mehr wußte, wie sich drei Franken verdienen, er hätte kaum sein eigenes Leben weggeworfen … ” Bernard Shaw: “Der gesunde Menschenverstand im Krieg”, II. Zürich 1919. S. 75
  • G. B. Shaw hatte zwischen 1895 und 1898 das Theaterreferat übernommen: Vgl. Hermann Stresau: “George Bernard Shaw.” (rowohlts monographien) Reinbek bei Hamburg 1962. S. 56.
  • H. G. Wells, wie bei den nachfolgenden Namen sei nur eine Ver6ffentlichung genannt: “The Well at the World’s End” in: The Saturday Review vom 17. Oktober 1896. S. 413 ff.
  • Winston S. Churchill hat drei Artikel veröffentlicht, alle über den Krieg in Cuba. Dabei wurde bei seinem ersten Artikel vom 15. Feburar 1896 irrtümlich der Name mit Winston L. Churchill wiedergegeben, doch Churchill stellte den Bezug in seinem nächsten Aufsatz her: “American Intervention in Cuba.”, in: The Saturday Review vom 7. März 1896. S. 244f
  • W, B. Yeats: “The Twilight of Forgiveness.” The Saturday Review vom 2. November 1895. S. 573
  • Conan Doyle hat zwei Leserbriefe geschrieben. Vgl. The Saturday Review vom 2. Januar 1897. S. 15f und vom 9. Januar 1897 S. 40 f
  • Henry M. Stanley:”The Recent Attacks on the Congo Administration.”, in: The Saturday Review vom 19. September 1896. S. 307
  • Rudyard Kipling: “The Vampire”, in: The Saturday Review vom 24. April 1897, S.443
  • Algernon Charles Swinburne: “A February Roundel”, in: The Saturday Review vom 22. Februar 1896. S. 194
  • Meyers enzyklopädisches Lexikon in 25 Bänden. Mannheim ab 1971. Aus diesem Lexikon stammen auch die Angaben zu den Personen.
  • Max Beerbohm: “Madame Tussaud’s”, in: The Saturday Review vom 13. Februar 1897. S. 165 f
  • J. B. Bury: “The British and the Roman Empire”, in: The Saturday Review vom 27.Juni 1896. S. 645.
  • Stephen Crane: “London Impressions”, in: The Saturday Review vom 31. Juli 1897. S. 105 f
  • John Davidson: “The Hymn of Abdul Hamid”, in: Saturday Review vom 22. Mai 1897. S. 570
  • Charles Wentworth Dilke: “Lord Roberts, Lord Salisbury, and Russia”, in: The Saturday Review vom 23. Januar 1897 S. 83 ff
  • Edward Dowden: “Mattew Arnold’s Letters”, in: The Saturday Review vom 12. Dezember 1895. S. 757 f
  • Richard Garnett: “Recollections of Coventry Patmore”, in: The Saturday Review vom 5. Dezember 1896. S. 582 f
  • Für die letzteren Informationen vgl. Hermann Stresau a. a. O., S. 56
  • W. H. Hudson: “London Birds in Winter”, in: The Saturday Review vom 13. März 1897. S. 264 f
  • Oliver Lodge: “Roentgen Radiography and its Uses”, in: The Saturday Review vom 25. April 1896. S. 422 f
  • Margaret Macdonald: Leserbrief “Salvagia”, in: The Saturday Review vom 24. Oktober 1896. S. 445 f
  • Frederic William Henry Myers: “A Cosmic Outlook”, in: The Saturday Review vom 7 Dezember 1895. S. 758
  • Coventry Patmore: “Mrs. Meynell’s New Essays”, in: The Saturday Review vom 13. Juni 1896. S. 593 f
  • Will(iam) Rothenstein: “Goya II”, in: The Saturday Review vom 19. September 1896. S. 307
  • Arthur Symons:”A Visit to Dumas fils”, in: The Saturday Review vom 30. November 1895. S. 724 f
  • Silvanus P. Thompson: “The Progress of Electric Traction”, in: The Saturday Review vom 29. Juni 1897. S. 600
  • Alfred Russel Wallace: “Our Native Birds”, in: The Saturday Review vom 14. September 1895. S. 342 f
  • William Watson: “Estrangement”, in: The Saturday Review vom 2. Mai 1896. S. 451
  • Gen. Neville Chamberlain: “Our Treatment of the Kafirs”, in: The Saturday Review vom 16. Mai 1896. S. 494 ff. Zu persönlichen Daten: Mayers Konversations-Lexikon. Fünfte, gänzlich neubearbeitete Auflage. Leipzig und Wien 1897.
  • Admiral P. H. Colomb: “The Naval Programme”, in: The Saturday Review vom 14. März 1896. S. 268 f. Zu den persönlichen Daten siehe Quelle bei Fußnote 49.
  • J. B. Bury: a. a. O., S. 645
  • GREATER-ENGLANDER, “The British and Roman Empire”. Leserbrief in The Saturday Review vom 11. Juli 1896. S. 39
  • “German Competition”, in: The Saturday Review vom 25. Januar 1896. S. 91, oder “The german menance”, in: The Saturday Review vom 29. August 1896. S. 208
  • Perplexed. “The Spectator and Political Economy”. Leserbrief in: The Saturday Review vom 8. August 1896. S. 137
  • “The Failure of Germany”, in: The Saturday Review vom 24. Oktober 1896. S. 434
  • “Luther: Liberalismus: Individualismus”, in: The Saturday Review vom 2. Januar 1897. S. 6
  • Bernard Shaw: “Cäsar und Cleopatra.” Deutsch von Annemarie und Heinrich Böll. Frankfurt am Main. 1965
  • ebenda S. 10
  • S. 93. Die charakterliche Kontinuität zwischen den Bewohnern Großbritanniens zu Zeiten Cäsars und von heute behauptet Shaw ausdrücklich in seinem Charakterbild des Britannus (vgl. S. 138 f). Bei seiner Beweisführung persifliert er Gedankenmuster, die sich im Aufsatz von “A Biologist” (vgl. Fußnote 5) finden, so wenn er die Bedeutung des Klimas und des Waldes für den Charakter des Britannus und der heutigen Briten herausstellt.
  • ebenda S. 133
  • Bernard Shaw: “Der gesunde Menschenverstand im Kriege”, I. Zürich 1919. S. 35
  • Hermann Stresau a. a. O., S. 126
  • ebenda S. 127
  • Hans Grimm a. a. O., S. 33 f
  • ebenda S. 52
  • Hermann Lutz: “Deutschfeindliche Kräfte im Foreign Office der Vorkriegszeit.“, Berlin 1932. S. 2 Lutz gibt als Quelle: “The First World War 1914-1918, Personal Experiences.“, 2 Bde. London 1920, II S. 463. vgl. S. 478
  • Edward Grey: “Fünfundzwanzig Jahre Politik 1892-1916.“, Bd. 1 München 1926. S. 14; 42; 58
  • Vgl. den ausführlichen Schriftwechsel, den Grey in seinen Memoiren wiedergibt. Z. B. ebenda S. 75 ff
  • Margret Boveri: “Sir Edward Grey und das Foreign Office.“, Berlin-Grunewald 1993. S. 134; 198; 105; 198
  • Edward Grey a. a. O., S. 3 f
  • Margret Boveri a. a. O., S. 197
  • Hermann Lutz: “Eyre Crowe, der böse Geist des Foreign Office.“, Stuttgart und Berlin 1931
  • Margret Boveri a. a. O., S. 112
  • Edward Grey a. a. O., S. 3
  • Edward Grey a. a. O., Bd. 2 S. 265
  • Margret Boveri a. a. O., S. 183
  • Hans Rothfels: “Zur Beurtellung Greys.” In: Die Kriegsschuldfrage. Berliner Monatshefte für internationale Aufklärung. April 1927. S. 3 51 f
  • Bemard Shaw: “Winke zur Friedenskonferenz.” Berlin 1919. S. 22
  • Bernard Shaw: “Der gesunde… I. a. a. O., S. 5
  • Friedrich Thimme: “Das Memorandum E. A. Crowes vom 1. Januar 1907. Seine Bedeutung für die Kriegsschuldfrage.” In: Berliner Monatshefte für internationale Aufklärung. August 1929. S. 735
  • Hermann Lutz: “Eyre Crowe” a. a. O., S. 9
  • Vergleiche z. B. Friedrich Thimme a. a. O., S. 732 ff. Oder: Hermann Lutz: “Deutschfeindliche…” a. a. O., S. 13 ff. Oder Werner Frauendienst: Crowe, der Deutschland-Referent des Foreign Office. In: Berliner Monatshefte für internationale Autklärung. August 1931. S. 776 ff. Oder: Hermann Lutz: Eyre Crowe…” a. a. O., S. 10-55. Oder Margret Boveri a. a. O., S. 114 ff
  • Bernard Shaw: “Winke … “a. a. O., S. 8; 9; 20
  • Hermann Lutz: “Deutschfeindliche…” a. a. O., S. 18, Fußnote 35
  • Hermann Lutz: “Lord Grey und der Weltkrieg.” Berlin1927, S. 48; 299 Fußnote 82 a
  • Margret Boveri a. a. O., S. 53
  • Fritz Hesse a. a. O., S. 66
  • vgl. Fußnote 3
  • Als Quelle wird von verschiedenen Seiten auf eine Meldung von höchstwahrscheinlich Associated Press vom 16. März 1984 verwiesen. Bei der Jahreszahl sind zwei Zahlen vertauscht worden! Es muß 1948 heißen. Für den Text vgl. z. B. Theologisches. April 1995 S. 192. Ein Teil der Meldung findet sich in: The Times vom 13.3.1948, S. 4. Neben gerinfügigen Modifizierungen, fehlt vor allem der Teil: “Hitler und … Macht der Sowjets”. Die Erklärung der Times ist in sich nicht schlüssig, es geht aus ihr auch kein plausibler Grund für eine Beschämung und Demütigung von Shawcross hervor.
  • Kennath Auchincloss: “The Long Shadow”. Newsweek am 8. Mai 1995. S. 11. Die Übersetzung besorgte Siegfried Ostertag.
  • Bertolt Brecht: “Offener Brief an die Künstler und Schriftsteller vom 26. September 1951”. In: Bertolt Brecht: “Gesammelte Werke.” Werksausgabe edition suhrkamp. Band 19. Frankfurt am Main 1967. S. 496
  • Churchill: “Weltabenteuer…” a. a. O., S. 80
  • Dieter Friede: “Das russische Perpetuum Mobile.” 2. Auflage. Würzburg 1959. S. 181

 


Quelle: Staatsbriefe 6(8-9) (1995), S. 3-14

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