Ist Amerika Seit 250.000 Jahren Besiedelt?

Über die Unterdrückung revolutionärer, aber unbequemer archäologischer Funde

Von Dr. Virginia Steen-McIntyre

Nachfolgend legt die Autorin Beweise dafür vor, daß der amerikanische Kontinent seit mindestens 250.000 Jahren von Menschen besiedelt wird. Diese Zeitspanne ist annähernd zwanzig Mal so lang als von den Archäologen des Establishments bisher angenommen wurde. Der Fundort für diese Beweise wurde vor etwa 30 Jahren entdeckt, jedoch wurde die Nachricht davon wegen ihrer Unglaublichkeit von den Archäologen unterdrückt. Die bei der Sicherung und Interpretation des Beweismaterials befaßten Wissenschaftler sehen sich nun schon seit vielen Jahrzehnten einer systematischen gesellschaftlichen Verfolgung seitens ihrer Kollegen ausgesetzt, denen diese archäologischen Revisionisten anscheinend überhaupt nicht ins Konzept passen. Die Parallelen zum zeitgeschichtlichen Revisionismus sind frappierend. Der hier abgedruckte Bericht stammt aus der Feder eines dieser verfolgten Forscher.


Bahnbrechende Amateurfunde

Hueyatlaco ist eine archäologische Fundstelle in der Region Valsequillo im Süden Zentralmexikos. An dieser Fundstelle, die nur eine unter mehreren ähnlichen in dieser Gegend ist, findet man die Überreste von der Jagd steinzeitlicher Menschen auf das Großwild der Eiszeit (Pleistozän), wie dem Mastodon und dem Mammut, also aus einer fernen Vergangenheit: etwas mehr als eine viertel Million Jahre vor unserer Zeit.

Und genau darin liegt das Problem. Nach der etablierten Theorie betrat der Mensch die Neue Welt nämlich frühestens vor etwa 12.000 Jahren. Und schlimmer noch: der moderne Mensch, homo sapiens sapiens, soll angeblich erst vor etwa 100.000 aufgetaucht sein, irgendwo in der Alten Welt. Und dennoch sind die in Mexiko aufgefundenen Artefakte von der Art, wie sie allgemein dem homo sapiens sapiens zugeordnet werden.

Hier steht die Theorie der Anthropologen gegen die geologische Beweislage. Man befindet sich in einer Sackgasse.

Das hier interessierende Gebiet liegt im südlichen Zentralmexiko, etwa 100 km südöstlich von Mexico City und wenige Kilometer südlich der Stadt Puebla. Hier, in einem Hochgebirgstal, liegt das Valsequilo Wasserreservoir, umgeben von einigen berühmtem mexikanischen Vulkanen. Entlang der Uferlinie des Stausees wurden in den erodierten Steilhängen urzeitliche Sedimentbänke freigelegt, vermischt mit vulkanischen Ascheablagerungen.

Seit mehr als 100 Jahren sind diese Ablagerungen bei den Archäologen berühmt, weil sie eine reichhaltige Vielfalt gut erhaltener Knochen ausgestorbener Tiere aus der Eiszeit enthalten: Mammuts, Mastodons, Glyptodont (ähnlich einem Riesengürteltier), Pferde, Kamele, Wölfe und Säbelzahntiger. Es war der später zum Prähistoriker avancierte Mexikaner Juan Armenta Camacho, der als erster feststellte, daß aus diesen Ablagerungen auch von Menschen hergestellte Artefakte aus Hornstein-Splittern und Feuersteinen herausgewaschen werden.

 

Fragment des Beckenknochens eines Mastodons mit Gravuren. Was für den Normalbürger wie regellose Kratzer erscheinen mag, konnte von Experten in einem Fall als elefantenartige Kreatur und in einem anderen als eine Art Antilope identifiziert werden. Der “Elefant” hat zwei paar Stoßzähne, ein kleines und ein großes Paar. Paläontologen haben eine Art von Mastodon ausfindig gemacht, das dieser Abbildung ähnelt und im mittleren Pleistozän in Süden Zentralmexikos lebte.

Juan ist der wahre Held dieser Geschichte. Juan Armenta Camacho wuchs in der Stadt Puebla auf. Als junger Bursche, der die Ufer des Stausees sowie die Täler, die in ihn hineinmündeten, erkundete, fand er einen Beinknochen eines elefantenähnlichen Tieres, in das eine Speerspitze aus Feuerstein fest hineingetrieben worden war. Offenbar hatte irgend jemand zu irgendeiner Zeit dieses Tier gejagt. Aber wer war das? Und wann lebte er?

Die Frage trieb den jungen Juan um. Er wurde von ihr gefesselt.

In den folgenden 30 Jahren verbrachte er viel von seiner Freizeit und von der seiner wachsenden Familie mit seinem Trachten, indem er nach weiteren Beweisen für diese frühen Jäger suchte, und er versuchte, diese Fundstücke in Laborexperimenten nachzumachen. Seine Suche wurde reich belohnt. In diesen Jahren fand er allein die Fragmente von über 100 Mastodon- und Mammutskeletten, ganz abgesehen von vielen anderen kleineren Säugetieren wie dem Kamel, dem Pferd und der Antilope. Viele der Knochen zeigten Spuren menschlicher Aktivitäten.

Und was waren nun die Sachbeweise für diese frühen Jäger?

Auf einigen Knochen befanden sich absichtlich eingeritzte Markierungen, entstanden vermutlich beim Schlachten und Zerlegen der Tiere. Es wurden Knochensplitter gefunden, die durch Schärfen oder Abrunden zu Werkzeugen umgestalten worden waren.

Andere Knochen waren aufgebrochen worden, um das Mark zu entfernen, noch heute eine Delikatesse für primitive Jägervölker.

Sogar ein Mammut-Kiefer mit einer eingelassenen Speerspitze wurde gefunden.

Und was war mit dem archäologischen Establishment zu jener Zeit in Mexico City? Es ignorierte Juan und seine Beweise, indem es einfach ohne weitere Diskussion behauptete, die Schnittmarken, die bearbeiteten und aufgebrochenen Knochen, ja sogar der Mammut-Kiefer mit der eingelassenen Speerspitze seien natürliche Erscheinungen, und nicht etwa auf Menschen zurückzuführen.

Glücklicherweise aber fingen neben den mexikanischen auch noch andere Archäologen an, von Juans Entdeckungen Notiz zu nehmen: In Mexiko selbst war dies Dr. Pablo Martinez del Rio, technischer Berater am Mexikanischen Nationalinstitut für Anthropologie und Geschichte (INAH), sowie Dr. Manuel Maldonado-Koerdell, technischer Berater am Panamerikanischen Institut für Geologie und Geschichte (OEA). In den USA zeigten Dr. H. Marie Wormington, damals Kuratorin am Museum für Naturgeschichte in Denver, sowie Dr. Alex Kneger, Professor an der Washington-Universität in Seattle, Interesse an Juans Arbeiten.

Feldforschungen, die unter ihrer Leitung durchgeführt wurden, brachten sogar noch mehr Beweise für die Existenz früher Jäger zutage. Das Interesse an diesem Gebiet stieg daher an.

Im Jahr 1962 schließlich wurde mit Unterstützung u.a. der Amerikanischen Philosophischen Gesellschaft (Havard) und der Nationalen Wissenschaftsstiftung das Valsequillo-Projekt geboren.

Die junge Anthropologin Cynthia Irwin-Williams wurde angeheuert, um auf diesem Feld mit Juan zusammenzuarbeiten. Sie hatte die Uni von Radcliffe besucht und beendete gerade ihre Doktorarbeit in Anthropologie in Havard. Zu einem späteren Zeitpunkt dieses Projekts nahm sie dann eine Stelle am anthropologischen Institut der Universität von Neumexiko in Portales an, wo sie einige Jahre blieb.

Während ihrer gemeinsamen Feldforschungen im Jahre 1962 entdeckten Juan und Cynthia vier Stellen, an denen Knochen und steinerne Artefakte zusammen in situ gefunden wurden, das heißt innerhalb ein und derselben Sedimentschicht, also nicht bloß lose an der Oberfläche. Diese Stellen wurden El Horno, El Mirador genannt bzw. Tecacaxco und Hueyatlaco jene zwei, die auf der Halbinsel Tetela lagen.

El Horno ist die tiefste und damit älteste Stelle in diesem Sedimentabschnitt. Sie liegt nur frei zutage, wenn der Wasserstand des Stausees ungewöhnlich tief ist. Hueyatlaco ist die höchste und damit jüngste Stelle. Sie ist zudem diejenige mit der dicksten Sedimentschicht, und zwar einer Decke jüngerer Ablagerungen, die einige Schichten vulkanischer Aschen und Bimsstein enthalten.

In den Jahren 1964 und 1966 fanden in Hueyatlaco weitere Grabungen statt. Dabei wurden erneut viele Knochen zusammen mit zahlreichen Steinwerkzeugen entdeckt.

Diese Steinwerkzeuge teilen sich grob in zwei Gruppen. Diejenigen in den älteren, tieferen Schichten werden unifacial (einseitig) genannt. Sie bestehen aus Klingen und Feuersteinsplittern, deren Kanten nachbearbeitet wurden, um sie scharf zu machen.

 

Dieses Bruchstück eines Mammut-Kiefers, das von einem Backenzahn mit gefurchter Krone dominiert wird, wurde in einer mexikanischen Fundstelle entdeckt und auf ein Alter von etwa 250.000 Jahren datiert. So unglaublich wie es scheinen mag, aber in diesem urzeitlichen Knochen ist eine meisterlich bearbeitete Speerspitze aus Stein verankert (schwarzes Objekt am oberen Bildrand).

Diejenigen der oberen Schichten waren wohlgeformte bifacial (zweiseitig) bearbeitete Gegenstände, wobei kleine Steinsplitter von beiden Seiten des Werkzeuges abgeschlagen wurden, so daß das Werkzeug von beiden Seiten gleich aussah. Sowohl die unteren als auch die oberen Schichten enthielten Geschoßspitzen – Speerspitzen –, was beweist, daß diese Jäger tatsächlich ihre Beute verfolgten und nicht einfach nur die Körper natürlich umgekommener Tiere verwerteten.

Cynthia bemerkte schnell, daß sie dort etwas Besonderes gefunden hatte, nicht nur eine der ungezählten Ausgrabungsstätten, und sie bat daher klugerweise um Verstärkung, um ihr zu helfen.

Hal Malde, ein Feldgeologe des US Geological Survey wurde ausgewählt, um die lokale und regionale Geologie zu kartographieren. Clayton Ray, ein Wirbeltier-Paläontologe vom Smithsonian Institute widmete sich der Studie der Knochenfunde. Dwight Taylor, ebenfalls vom US Geological Survey, studierte nachfolgend die fossilen Weichtiere, also Schnecken- und Muschelschalen. Paul S. Martin von der Arizona-Universität untersuchte fossile Pollen. Und dank Hal Malde kam schließlich auch ich im Jahr 1966 zu dem Team als deren Tephrochronistin, ihre Spezialistin zur Datierung vulkanischer Aschen. Diese Forschungen sollten die Grundlage meiner Dissertation an der Universität von Idaho werden.

Das Projekt bedurfte eines Tephrochronisten, weil es Probleme gab, das Alter der Fundstellen zu bestimmen. Sie konnten nämlich dort keinen Kohlenstoff finden. Ohne Kohlenstoff aber kann man keine Altersbestimmung nach der 14C-Methode machen, der üblichen Methode archäologischer Altersbestimmung für Fundstellen der späten Erdneuzeit. An diesen Fundstellen aber waren kein Holz, keine Holzkohle und auch keine Schalen erhalten geblieben, und obwohl die Ausgrabungen eine Unmenge an Knochen zutage förderten, die normalerweise Kohlenstoff enthalten, so waren diese Knochen alle vollständig mineralisiert, fossiliert, versteinert.

Man dachte daher, daß ich ihnen bei der Datierung von Hueyatlaco helfen könnte. Ich sollte von jüngeren Sedimentablagerungen südlich der Ausgrabungen Proben vulkanischer Asche und Bimsstein sammeln; dann würde ich diese Proben mit einem Spezialmikroskop mit bekannten, datierten Proben von den Flanken der nahegelegenen Vulkane vergleichen, insbesondere vom La Malinche Vulkan. Theoretisch werden bei jedem Vulkanausbruch winzige Mineralkristalle und Fragmente vulkanischen Glases ausgeworfen, die in ihrer Zusammensetzung einzigartige sind, sozusagen ein “Fingerabdruck” jeder Eruption. Es ging also darum, die Fingerabdrücke der datierten Ablagerungen am Vulkan mit den undatierten Ablagerungen in Hueyatlaco zu vergleichen. Wenn ich eine Übereinstimmung gefunden hätte, wüßte ich, daß die beiden Proben von der gleichen Eruption stammen, und Hueyatlaco wäre somit durch diese indirekte Methode datiert worden.

Hal Malde hatte bereits einige vulkanische Schichten datiert, die an den Wänden der Barrancs (Schluchten) am La Malinche Vulkan zutage getreten waren. Er hatte dies mit der 14C-Methode gemacht. Hal hatte dafür unter einer Schicht vulkanischer Asche oder unter Bimssteinfragmenten nachgeschaut. (Bimssteinfragmente sind schlicht große Stücke vulkanischer Asche, manche davon so groß wie ein Fußball.) Dort fand er bisweilen urzeitlichen Boden, der durch den Vulkanausbruch verbrannt und sodann versiegelt worden war.

Aus dieser verbrannten Erde sammelte er verkohlte organische Substanzen und sandte sie in ein Labor zur 14C-Datierung. Das Datum dieser verkohlten Substanzen würde automatisch das Datum der Eruption anzeigen, die diese Erde verbrannt hatte. Auf diese Weise hatte er viele vulkanische Ablagerungen datiert, und zwar zwischen 8.000 und 25.000 Jahre vor unserer Zeit.

Anschließend begann ich meine Arbeit, indem ich eine vulkanische Asche nach der anderen untersuchte, auf der Suche nach einem identischen Fingerabdruck. Zig Proben untersuchte ich, hunderte. Kein Glück. Keine Korrelation.

Und gerade Hueyatlaco mußte datiert werden, weil neuere Beweise darauf hinwiesen, daß dieser Fundort 22.000 Jahre alt sein könnte. Damit wäre dieser Fundort mehr als doppelt so alt gewesen wie das Mitte der sechziger Jahre akzeptierte früheste Auftreten des Menschen in der Neuen Welt.

Dieser Beweis war ein einziger Steinsplitter. Dieser wahrscheinlich als Schaber benutze Stein, der definitiv von Menschenhand gemacht worden war, wurde zusammen mit Schalentieren und Knochen in einer hochgelegenen Ablagerung in der Barranca Caulapan gefunden, etwa 4 km nordöstlich von Hueyatlaco. Irwin Williams selbst hatte dieses Werkzeug entdeckt. Daneben, in der gleichen Ablagerung, fanden sich Schneckengehäuse und fossile Knochen. Die Gehäuse wurden gesammelt und einer 14C-Analyse unterzogen, und die Knochen für eine Urandatierung eingesammelt.

Und so sehen die Daten aus, die mit diesen Gehäusen und Knochen ermittelt wurden, die zusammen mit dem Steinartefakt in der gleichen Ablagerungsschicht entdeckt wurden: 21.850 ±850 Jahre mit der 14C-Methode und 22.000 ±2.000 Jahre bzw. 22.000 ±1.500 Jahre mit der Uran-Methode. (Ich sollte hier erwähnen, daß, wenn ein Wissenschaftler die Ergebnisse radiometrischer Messungen zitiert, er für das Datum den Mittelwert einer möglichen Schwankungsbreite angibt. Statt also zu sagen “Das Kohlenstoff-14-Alter der mit dem Steinsplitter bei Caulapan vergesellschafteten Schneckengehäuse liegt zwischen 21.000 und 22.700 Jahren” sagt er “21.850 ±850 Jahre”. So ist es viel kürzer und schneller. Wenn man den Medien solche Daten mitteilt, zitieren sie unglücklicherweise oft nur die erste Zahl, nicht aber die Schwankungsbreite. Das verursacht bisweilen Probleme.)

 

Eine Nahaufnahme der Speerspitze und des verwundeten Knochens. Man beachte die Risse, die sich von der Wunde aus ausbreiten. Der Speer muß mit ungeheurer Wucht geworfen worden sein. Die äußere Form des verwundeten Knochen selbst weist darauf hin, daß das Tier diese Speerspitze lange Zeit mit sich herumtrug und daß die Wunde sich infiziert hatte.

Das Caulapan-Werkzeug ist das, was Cynthia einen “nicht-diagnistischen Splitter” nennt. Es kann zu jeder Menschheitsepoche gehören, von der Urzeit bis hin in die moderne Zeit. Aber wir waren schon froh, auch nur dieses eine zu haben, da es mit Material vergesellschaftet war, das datiert werden konnte.

Aber die Dinge waren nicht ganz so rosig. Wir mögen zwar Wissenschaftler sein, aber wir sind auch menschlich, und die dunkle Seite unserer Menschlichkeit fing nun an, ihr häßliches Gesicht zu zeigen. Insbesondere die negativen Emotionen von Eifersucht und Angst.

Der erste, der dies zu spüren bekam, war Juan Armenta. Das archäologische Establishment von Mexico City konnte ihn und seine Forschung nicht mehr länger ignorieren. Aber er war keiner “von ihnen”, kein professioneller Archäologe. Er besaß nicht die richtigen akademischen Grade. Außer einem später verliehenen Ehrentitel des Universität von Puebla hatte er tatsächlich überhaupt keinen Grad. Und das machte ihn in deren Augen, insbesondere in denen der höhergestellten Beamten, zu einer Unperson. Zudem waren diese Leute nur indirekt in die Arbeiten in Valsequillo eingebunden, ein Projekt, das schnell an Umfang und Wichtigkeit zunahm. Daher reagierten diese Leute – sehr negativ.

Eine Regierungsabteilung wandte sich gegen Juan und beschlagnahmte seine gesamte Sammlung – alle Knochen und Artefakte, all seine Ausrüstung. Alles, einschließlich des Materials des Vasequillo Projektes, wurde nach Mexico City transportiert. Juan wurde per Gesetz verboten, noch jemals irgend eine Feldforschung zu betreiben.

Nicht genug damit, wurde im Jahr 1966 eine umfassende Serie tiefer Ausgrabungen begonnen, die man durch das niedrige Steilufer der jüngeren Sedimente weniger als 35 Meter südlich der ursprünglichen Ausgrabungen hindurchtrieb. Unethisch? Ja, freilich. Aber das Establishment wollte auch alte Artefakte finden.

Ihre Gräben aber verfehlten jene kieshaltigen Bachläufe, in denen sich die Artefakte befinden, und förderten nur den feinkörnigen Schlick und Lehm der ehemaligen Auen zutage. Juan hätte ihnen das voraussagen können. Dreißig Jahre Feldforschung hatten ihn gelehrt, daß man nur in den verschütteten, grobkörnigen Ablagerungen der Bachläufe und an deren Ufern signifikante Mengen von Artefakten finden kann. Und das hat auch Sinn. Ein Mammut zu schlachten ist nämlich eine ziemliche Schweinerei, die man am besten in der Nähe von Wasser durchführt.

Das Establishment hatte das nicht erkannt. Wenn aber sie keine Artefakte finden konnten, so auch nicht Armenta und Irwin-Williams. Die hochgestellten Beamten behaupteten daher in einer Veröffentlichung, daß alle Artefakte von Hueyatlaco von den dort tätigen Arbeitern abgelegt worden seien, um ihre Anstellung zu verlängern. Der Artikel beschuldigte die Archäologen der Inkompetenz und spielte auf noch Schlimmeres an. Das war eine schlimme Zeit – für Juan, für Cynthia und für uns alle.

Und für die arme Cynthia wurden die Dinge auch nicht besser. Selbst nach einem Jahr voll der Überprüfungen konnte ich keine gute Korrelation der Fingerabdrücke zwischen den vulkanischen Ablagerungen bzw. Bimssteinfragmenten an der Fundstelle von Hueyatlaco und den datierten, weit über 25.000 Jahre zurückreichenden Sequenzen am La Malinche Vulkan finden. Ich fand eine mögliche Übereinstimmung zwischen einer nahen feinen Asche und einer datierten Schicht an den Flanken des Iztaccíhuatl Vulkans, zig Kilometer nordwestlich unserer Fundstelle. Aber diese datierte Schicht lag jenseits der Grenzen der 14C-Methode, wie sie Mitte der 60er Jahre bestand – was bedeutete, daß sie älter als 40.000 Jahre war.

Cynthia mochte dieses Datum überhaupt nicht. Sie gehörte zum archäologischen Ostküsten-Establishment. Sie wußte, daß es verdammt schwer sein würde, ihre Kollegen davon zu überzeugen, daß die Fundstelle von Caulapan ein Alter von 22.000 Jahren hatte, was mehr als doppelt so alt war als das, was von den meisten als möglich angesehen wurde. Ein Alter von mehr als 40.000 Jahren für die andere Fundstelle aber würde sie in die Gesellschaft jener nicht für voll genommenen Forscher bringen wie George Carter, Herb Minshall, Tom Lee, Emma Lou Davis, Bruce Raemsch und Dee Simpson, die alle behauptet hatten, Fundstellen von ähnlichem oder sogar noch weiter zurück liegendem Alter in Nordamerika ausfindig gemacht zu haben. Das Establishment, einschließlich Cynthia, hatte sich über diese Leute seit Jahrzehnten lustig gemacht und sie ignoriert.

Aber ihre Probleme waren alles andere als vorüber. Zusammen mit dem Knochen von Caulapan hatte sie auch einen Schlachtknochen von der Fundstelle in Hueyatlaco und ein Zahnfragment eines geschlachteten Mastodon zur Datierung versandt, das in der älteren Fundstelle bei El Horno entdeckt worden war. Barney Szabo, ein Geochemiker des US Geological Survey, wollte sie alle mittels der damals neu eingeführten Methode der Uran-Serie (235U und 238U) testen.

Die Datierungen kamen zurück. Jene der Caulapan-Fundstelle machte ihr Freude, da sie, wie bereits ausgeführt, mit dem per 14C-Methode festgestellten Alter von etwa 22.000 Jahren übereinstimmte. Aber, ach herrje, die anderen!

Das Fragment eines Beckens von einem geschlachteten Kamel von den höheren, d.h. jüngeren Artefakt-führenden Schichten der Fundstelle in Hueyatlaco waren mehr als zehnmal so alt als erhofft: mehr als 180.000 Jahre und 245.000 ±40.000 Jahre.

Und die Daten für des Zahnfragment des bei El Horno geschlachteten Mastodon war sogar noch älter: mehr als 154.000 Jahre nach der einen und mehr als 280.000 Jahre nach der anderen Methode.

 

Links: Landkarte der Puebla-Region mit der Lage des Valsequillo-Stausees und den Vulkanen der Umgebung. (Zum Vergrößern anklicken.) Rechts: Karte des Valsequille-Stausees und der Tetela-Halbinsel. Namentlich angezeigt sind die Stellen, an denen Steinwerkzeuge zusammen mit Wirbeltierfossilien gefunden wurden. El Horno, die tiefste Fundstelle, liegt heute unter Wasser. Hueyatlaco liegt 10 Meter über El Horno und liegt ein Teil des Jahres offen zutage. Die punktierten Gegenden sind Stellen, an denen die geologische Lage des Tetela Braunschlamm (inoffizielle Bezeichnung) zutage tritt.

“Armer Barney”, dachten wir, “seine neuen Methoden funktionieren nur manchmal.”

Cynathia stellte schlicht fest, daß diese älteren Daten nicht richtig sein könnten. Insbesondere die in höheren Schichten gefundenen bifacialen Werkzeuge konnten nicht so alt sein, da sie in der Alten Welt erst vor 50.000 Jahren entwickelt worden waren. Und außerdem wurden diese Werkzeuge der etablierten Theorie folgend vom homo sapiens sapiens gemacht, und der tauchte erst vor etwa 100.000 Jahren auf, irgendwo in Eurasien. Ihre Art zu denken war ein klassisches Beispiel dafür, daß man Fakten von der Theorie aus beurteilt, wobei die Fakten einfach verworfen werden, wenn sie nicht in die Theorie passen. In der Wissenschaft ist dies wesentlich üblicher als man gemeinhin annehmen würde.

Hal Malde und Barney Szabo drängten darauf, diese Daten zu veröffentlichen. (Ich nahm damals an der Auseinandersetzung nicht teil. Ich war nur eine graduierte, frisch verheiratete Studentin, die in Puerto Rico lebte.) Cynthia war damit nur unter der Bedingung einverstanden, daß der Artikel in einer professionellen Zeitschrift erscheinen würde, die normalerweise auch nicht von einem unter hundert Archäologen gelesen würde.

Der Artikel wurde schließlich 1969 in der Zeitschrift Earth and Planetary Science Letters abgedruckt, einer in Amsterdam gedruckten Zeitschrift für diejenigen, die sich für Geochemie und Geophysik interessieren.

Von diesem Zeitpunkt an kühlten die Beziehungen zwischen den Archäologen und den Geologen merklich ab.

Das Projekt dümpelte einige Jahre vor sich hin, ohne daß irgendwelche merklichen Fortschritte gemacht wurden. Hal Malde (1968, 1970) und ich (1968) unternahmen weitere Feldforschungen, indem weitere Proben vulkanischer Aschen und Bimssteine gesammelt und untersucht wurden. Daraus ergaben sich aber immer noch keine Korrelationen, keine verwertbaren Daten. Mein Ehemann Dave war inzwischen von Puerto Rico nach Denver versetzt worden. Ich führte daher meine Arbeit an den Proben in Colorado fort.

Und langsam änderte sich meine Denkweise. Was wäre, wenn Barneys Daten richtig sind? Wenn sie es wären, würde ich niemals Korrelationen zwischen den vulkanischen Schichten von Hueyatlaco und jenen des La Malinche Vulkans finden. Die passenden Schichten würden in weitaus tieferen Schichten an den Flanken des Vulkans zu finden sein, bedeckt von den Ablagerungen der letzten 250.000 Jahre.

Jetzt, da ich wirklich darüber nachdachte, wurde mir klar, daß dies zudem ein wirklich guter geologischer Beweis für das Alter der Fundstelle sein würde. Wenn man die bei den Ausgrabungen geschaffenen Steilwände in Betracht zieht, so ist die Artefakt-tragende Schicht in Hueyatlaco von einer über 3 Meter dicken Schicht jüngeren Materials bedeckt. Und diese Schicht von Sedimenten war wahrscheinlich irgendwann einmal viel dicker, da es seither eine Menge an Erosion gegeben hat. Tatsächlich hat sich der nahegelegene Fluß etwa 30 Meter tief in die Ablagerungen hineingefressen. Dieses Flußtal ist nun teilweise mit dem Wasser des Stausees gefüllt.

Außerdem enthalten die Sedimentablagerungen am Steilhang des Stausees einige Schichten an Muttererde. Diese Schichten bildeten einst für Jahrhunderte oder gar Jahrtausende eine stabile Erdoberfläche. Anschließend wurden sie durch Schlamm oder durch vulkanische Ablagerungen überdeckt. Zusammengenommen ist diese Anhäufung vergrabener Muttererdschichten Beweis für einen merkliche Zeitspanne, zu der diese Landschaft bestand, ohne daß dort viel geschah. Und die Sedimente selbst verwitterten stark: Die vulkanischen Gläser hatten jede Menge Überschußwasser aufgenommen, so daß die Kristalle und Glasfragmente teilweise in Lehm umgewandelt wurden. Das legt nahe, daß sie seit vielen, vielen Jahren den Elementen ausgesetzt sind.

Wenn diese Fundstelle wirklich eine viertel Million Jahre alt ist, könnte sie dann abgesehen von der Uran-Serie auch durch andere radiometrische Verfahren datiert werden? Die Kohlenstoff-14-Methode würde hier nicht funktionieren: sie klappt nur bei Proben, die jünger als 40.000 Jahre alt sind. Die Antwort darauf war ein großes Ja. Wir konnten jene Methoden und Techniken anwenden, die bei der Datierung frühzeitlicher Fundstellen in Afrika angewendet wurden. Und die afrikanischen Fundstellen waren gleichfalls anhand Ablagerungen vulkanischer Aschen datiert worden.

 

Ansicht der Hueyatlaco-Fundstelle von Nordwesten aus, während der Ausgrabungen im Jahr 1973. Durch eine klippartige Felskante vulkanischer Asche, die inoffiziell Hueyatlaco-Asche genannt wird, wurde ein Graben getrieben (Mitte).

Das war kurz gesagt, was wir machten. Hal Malde, ich und unser Kollege Roald Fryxell kehrten im Jahr 1973 für weitere Ausgrabungen nach Hueyatlaco zurück. Wir wollten zum Zwecke der Datierung noch mehr Proben vulkanischer Aschen sammeln und zudem sicherstellen, daß die Sedimentschichten wirklich so angeordnet waren, wie wir gedacht hatten: daß die Schichten mit den Artefakten unterhalb der Sedimente des Steilhanges hindurchgehen, was bedeutet, daß sie älter wären als die Ablagerungen des Steilhanges. Dann könnten wir die vulkanischen Ablagerungen im Steilhang benutzen, um die Fundstelle zu datieren. Tatsächlich wären die vulkanischen Ablagerungen sogar ein wenig jünger.

Wir gruben also einen Stichgraben von Irwin-Williams Graben aus durch die Ablagerungen des Steilhanges bis hin zu den Gräben der mexikanischen Archäologen.

In den Wänden dieses Grabens befanden sich die Beweise, die wir brauchten. Die Artefakt-haltigen Schichten lagen tatsächlich unterhalb der Sedimentschichten, waren also älter als diese. Nun also konnten wir die an den Steilwänden freigelegten Vulkanaschen und die Bimslagen hilfsweise zur Datierung heranziehen. Wir fanden winzige Zirkonkristalle von zweien der an der Steilwand freigelegten Vulkanlagen, der Hueyatlaco-Asche sowie der sogenannten Tetela Braunschlamm-Bimslage. Das Verfahren beruht darauf, daß das Zirkon geringe Spuren an Uran enthält. Wenn das Uran zerfällt, hinterläßt es eine winzige Schadspur im Kristall, die nach einem chemischen Ätzvorgang im Mikroskop gesehen werden kann. Wenn man weiß, wieviel radioaktives Material anwesend ist, mit welcher Rate es zerfällt und wieviel dieses Materials auf natürliche Weise bisher zerfallen ist, kann man das ungefähre Alter abschätzen.

Chuck Naeser, ein Geochemiker des US Geological Survey, macht diese Arbeit für uns. In diesem Stadium wollten wir von ihm keine genauen Daten wissen; alles, was wir wissen wollten, war, ob diese Vulkanaschen näher bei Cynthias 20.000-Jahr-Schätzung oder bei Barneys 250.000 Jahren aus der Uran-Serie lagen. Chucks Daten, auch wenn sie mit einem großen Plus-Minus-Wert behaftet waren, waren weitaus älter als das, was Irwin-Williams akzeptieren würde, und überlappten sich mit den Daten von Barney Szabo.

Und hier nun sind die Daten: der Tetela-Braunschlamm-Bims war 600.000 ±340.000 Jahre; für die Hueyatlaco Asche ergab sich ein Wert von 370.000 ±200.000 Jahren.

Ob ich aufgeregt war? Sie können drauf wetten! Wir hatten nun mehrere Linien geologischer Beweise, einschließlich der vier radiometrischen Datierungen, die aussagten, daß die Artefakte von Hueyatlaco, also der jüngsten der vier von Armenta und Irwin-Williams in der Valsequillo-Gegend ausgegrabenen Fundstellen, in der Gegend um eine viertel Million Jahre als waren.

Was mich anbelangte, so dachte ich, daß dies ein abgeschlossener Fall sei.

Wie naiv ich war.

Irwin-Williams war von Anfang an dagegen, daß wir mit diesen neuen Daten an die Öffentlichkeit gingen. Da unsere Datierungen ihrer Auffassung nach unmöglich waren, wollte sie mehr Zeit haben, um ihre Seite der Geschichte darzulegen und um sie dann mit uns zusammen zu veröffentlichen. Nun gut, und abgesehen davon, daß sie die mexikanischen Ausgrabungen vor mehr als sieben Jahren abgeschlossen hatte und noch nicht einmal mit der Abfassung eines detaillierten Fundberichtes begonnen hatte. Es konnte noch weitere sieben Jahre dauern, wenn nicht noch länger, bis sie endlich zu einer gemeinsamen Veröffentlichung bereit war.

Wir drei Geologen entschlossen uns daher, alleine vorzugehen und eine Pressekonferenz abzuhalten, auf der die Datierungen und die geologischen Beweise vorgestellt werden sollten. Es war eine sehr vorsichtige Pressekonferenz. Im Gegensatz zu mir fühlten sich weder Fryxell noch Malde wohl angesichts dieser alten Datierungen. Sie hatten bereits vorher mit Archäologen zusammengearbeitet, so daß sie wußten, daß einige berühmte Koryphäen auf diesem Gebiet einige Kröten schlucken müßten, sollten unsere Datierungen wirklich korrekt sein. Und die Archäologen waren niemals sonderlich berühmt für ihre kleinen Egos.

Im Herbst 1973 beriefen wir während eines geologischen Treffens eine Pressekonferenz ein. Hal und “Fryx” deichselten es geschickt: Ich war auf dem Weg nach Neuseeland, um dort einen Vortrag über die Methode der Vulkanaschen-Datierung zu halten. Die alten Datierungen wurden als Nachricht aufgenommen. Die Nachrichtenagenturen griffen sie auf und verbreiteten sie in aller Welt. Während meines langen Fluges nach Neuseeland wurde ich von einigen wissenschaftlichen Kollegen gutmütig gehänselt. Einige von ihnen hatten am Tage zuvor über unsere Fundstelle in der Zeitung gelesen. Während der Vortragsveranstaltung schließlich hielt ich einen kurzen Sondervortrag über diese Fundstelle vor einem vollen Auditorium. Die Dinge sahen gut aus, sowohl für Hueyatlaco als auch für meine Karriere als Wissenschaftlerin.

Tatsächlich aber war dies der Höhepunkt für beide. Seither ging es für die nächsten zwanzig Jahre mit beiden stetig abwärts.

Zu Beginn des Jahres 1974 fingen Hal Malde, Roald Fryxell und ich an, unsere Forschungsergebnisse in Hueyatlaco für eine Veröffentlichung zusammenzuschreiben. Es sollte sich dabei um einen vorläufigen Bericht handeln. Der detailliertere sollte später kommen, nachdem Cynthia ihre Ausgrabungsergebnisse publiziert hatte. Doch dann kam die Tragödie.

Roald wurde bei einem Autounfall auf einer einsamen Straße im Columbia-Becken im Staate Washington getötet. Wir hatte mit ihm nicht nur einen guten Freund und wertvollen Kollegen verloren, sondern zudem die charismatischste Person in unserem Trio. Fryx war der Liebling der Medien gewesen. Ob er einem allgemeinen Publikum nun die Bedeutung von Felsbrocken und Bodenproben vom Mond erläuterte oder für eine wichtige archäologische Fundstelle kämpfte bzw. gegen die alles verschlingenden Wasser des dortigen Stausees, er hatte ihr Ohr – und ihre Zeitungsspalten.

Nun blieben also nur Hal und ich übrig. Wir schlossen unser Manuskript im Jahr 1975 ab, erhielten das OK von Regierungsstellen und überreichten es dem Herausgeber eines Sammelbandes von Vorträgen, die während eines regionalen Treffens von Anthropologen in Santa Fee gehalten wurden. Ich hatte dort über die Fundstelle in Hueyatlaco vorgetragen. Wir wußten, daß keine anthropologische Zeitschrift es entgegen der Einwände von Cynthia abdrucken würde. Wir dachten daher, daß unsere einzige Chance, unsere Informationen in einem Band gedruckt zu sehen, den die Anthropologen auch lesen würden, darin bestünde, es in einen Vortragssammelband hineinzuschmuggeln.

Das war 1975. Und wir warteten anschließend darauf, daß der Sammelband gedruckt würde. Und wir warteten und warteten. 1976, 1977, 1978, 1979. Briefe an den Herausgeber wegen dieser Verzögerung blieben unbeantwortet. Anrufe wurden nie erwidert.

Inzwischen war Cynthia eifrig damit beschäftigt, ihre Seite der Geschichte zu veröffentlichen. Sie hatte inzwischen jede Verbindung mit uns abgebrochen. Die Datierung auf ein Alter vor einer viertel Million Jahre wurde als inakzeptabel zurückgewiesen: Ihrer Auffassung nach waren die von uns verwendeten Datierungsmethoden zu neu und nicht ausreichend getestet, um ernstgenommen zu werden. (Und dies, obwohl die mittels der Uran-Serie vorgenommenen Datierungen von Knochen aus der Caulapan-Fundstelle mit ihren Datierungen von Schalentieren mittels der 14C-Methode übereinstimmten: in beiden Fällen etwa 22.000 Jahre.) Die geologischen Beweise wurden ignoriert. Die einzige Datierung, die erwähnt wurde, war das mit der 14C-Methode festgestellte Alter von Schalentieren (22.000 Jahre) aus Caulapan, und dieses Alter begann seitdem für die gesamte Fundstelle von Valsequillo in der Literatur aufzutauchen.

Ab dem Jahr 1979 fingen die Datierungen von Hueyatlaco an, meine Karriere negativ zu beeinflussen. 1973 hatten wir die verblüffende Aussage gemacht, in Mexiko habe es bereits vor einer viertel Million Jahren Großwildjäger gegeben. Seither erschien allerdings nichts mehr in gedruckter Form. War alles falsch gewesen? Waren die Datierungen falsch? Wo waren die Beweise?

Sowohl meine nationale wie meine internationale Korrespondenz schlief ein. Meine Anstellung verflüchtigte sich. Nach langer Suche gelang es mir immerhin, einen Assistenzlehrstuhl für Anthropologie an einer staatlichen Universität zu bekommen. Die Stelle wurde zwar nicht bezahlt, aber ich gehörte zumindest irgendwohin. Zumindest für eine Weile.

1980 schließlich wurde klar, daß unser Artikel über Hueyatlaco niemals in dem anvisierten Sammelband erscheinen würde. Herausgeber Nr. 1 hatte die Manuskripte dem Herausgeber Nr. 2 übergeben, der sie schließlich der Nr. 3 weitergab. Und Nr. 3 entschied sich offenbar dafür, das ganze Projekt fallen zu lassen. Unser Manuskript wurde uns zurückgesandt. Nun hatte wir es also wieder; fünf Jahre, nachdem wir es eingereicht hatten; sieben Jahre, nachdem die Datierungen erfolgt waren; und wir waren so weit davon entfernt, diese alten Datierungen jener Fundstelle gedruckt zu bekommen, wie zuvor.

Um diese Zeit herum nahm der Herausgeber eines neuen populärwissenschaftlichen Wissenschaftsmagazins zu mir Kontakt auf. Es sollte Science 80 im Jahr 1980, Science 81 im Jahr 1981 usw. heißen. Er schien sehr an Hueyatlaco interessiert zu sein und wollte den Artikel veröffentlichen. Wieder einmal hoffend, sandte ich ihm das Manuskript zu, das an den Kanten schon etwas mitgenommen aussah und vergilbt war. Und ich wartete. Und wartete. Das gleiche Theater wieder. Unbeantwortete Briefe, nicht erwiderte Anrufe. Schließlich stellte ich ihn per Telefon in seinem Büro. Nach einigem Hin und Her meinte er, das Manuskript sei hinter seinen Aktenschrank gefallen und sei verloren gegangen. Es wurde mir schließlich zurückgesandt.

Es war schier zum Verzweifeln. Dann hatte ich einen glücklichen Einfall. Ich schrieb einen Brief an Steve Porter, den Herausgeber der angesehenen geologischen Zeitschrift Quarternary Research. Steve kannte mich persönlich, und wenn irgend jemand mir und meinem Manuskript eine faire Chance geben würde, so war er es. Und ich hatte recht. Er antwortete als wahrer Wissenschaftler. Solange wir gute Beweise hätten, um unsere Behauptungen abzustützen, wäre es ihm egal, wie kontrovers unsere Ergebnisse auch immer seien. Er übersandte den Artikel an Fachleute zur kritischen Prüfung, und er wurde gutgeheißen (von Geologen), akzeptiert und in ihrem Jahresband 1981 als erster Beitrag abgedruckt.

Aber es war zu spät. Das Alter von 22.000 Jahren für die Valsequillo-Fundstelle schien inzwischen wie in Stein gemeißelt.

Über das Büro für Öffentlichkeitsarbeit an der Universität, an der ich damals arbeitete, versandte ich einen Pressebericht. Die dortige Nachrichtenverantwortliche meinte, das sei einer der aufregendste Dinge, an der sie je gearbeitet habe. Aber niemand griff diese Nachricht auf: weder die Nachrichtendienste, noch die Zeitungen in Denver, und auch nicht jene Herausgeber und Kolumnisten, die mich während der ganzen Jahre ausdrücklich darum gebeten hatten, sie zu benachrichtigen, wenn der Artikel erschienen sei. Dies schließt die Herausgeber von Science 81 und Science News ebenso ein wie Hilt von der Washington Post, Rensberger von der New York Times, Lindt von The Valley Voice in Visalia (CA). Ich sandte eine Kopie des Presseberichts an The National Inquirer. Nichts. Der Vorsitzende der anthropologischen Fakultät erlaubte noch nicht einmal, daß der Bericht im Nachrichtenblatt der Fakultät erschien. (Und selbstverständlich wurde mein kurz danach auslaufender Vertrag mit der Universität anschließend nicht verlängert.)

Hier stand ich also am Ende des Jahres 1980: Keinen Job, ruinierte Reputation, ausgegrenzt, entmutigt, emotional gebrochen. Ich wandte mich daher von der Wissenschaft ab und ging andere Wege.

In den Jahren 1982-1986 verbrachte ich einen Großteil meiner Zeit mit Forschungen auf dem Gebiet Okkultismus und Verschwörungstheorie vom christlichen Standpunkt aus – Forschungen, die bis zum heutigen Zeitpunkt anhalten.

In den Jahren 1987-1994 sorgte ich mich vor allem um ältere Verwandte und wurde ein professioneller Blumengärtner. In dieser Zeit setzte sich Hal Malde von seinem Posten im öffentlichen Dienst zur Ruhe und begann eine zweite Karriere, indem er Fotos für Naturschutzgesellschaften anfertigte. Juan Armenta starb an einer schmerzhaften Nierenkrankheit. Cynthia Irwin-Williams starb nach einem langen Kampf gegen ihre zerrüttete Gesundheit. Sie kam nie dazu, ihren Bericht über die mexikanische Fundstelle zu veröffentlichen.

Aber eine Wende hatte eingesetzt. 1993 wurde das Buch Forbidden Archeology von Michael Cremo und Richard Thompson veröffentlicht. Es beinhaltet ein schönes Kapitel über Hueyatlaco, die frühen Datierungen und den Ärger, den ich mit dieser Fundstelle hatte.

1994 schließlich wurde dieses Buch sowie eine kondensierte Ausgabe des Titels Hidden History of the Human Race (Verborgene Geschichte der menschlichen Rasse) in alternativen Medienzirkeln wohlwollen aufgenommen. Das Aufsehen um das Buch Forbidden Archeology mündete 1994 zudem in einem kurzen Fernsehauftritt in der Sendung Sightings.

Aufgrund dieser Sendung Sightings kontaktierte mich im Jahr 1995 die Firma BC Videos, die Videos über kontroverse archäologische Fundstellen veröffentlicht. Sie brachten mich zurück nach Mexiko, um vor Ort Aufnahmen zu machen und mich zu interviewen.

Im Jahr 1996 schließlich wurde ihr Video Mysterious Origins of Men im landesweiten Fernsehen der NBC ausgestrahlt. Darin befinden sich einige Bezüge zu Hueyatlaco. Das Establishment freilich verabscheute dieses Video.

Sowohl das Video Mysterious Origins of Men als auch das dazugehörige Video Companion Tape, auf dem sich eine Menge zusätzlichen Materials befindet, das nicht mehr ins eigentliche Video paßte, können heute noch erworben werden.

Und so geht es bis heute weiter. Jagdfundstellen im Alter von 300.000 bis 400.000 Jahren werden überall entdeckt: in Deutschland, England, Sibirien, und sie werden auch als solche anerkannt. Sie werden auf die gleiche Weise datiert, wie wir sie in Hueyatlaco anwandten, sowie mit weiteren zusätzlichen Methoden. Aber derartige Fundstellen in der Neuen Welt werden weiter übergangen. Meine jüngsten Leserbriefe bezüglich dieser alten Fundstellen in der Neuen Welt an Science News, Science, und Nature wurden niemals veröffentlicht. Diese Mauer ist sogar noch höher geworden.

Und dennoch, es gibt Hoffnung. Marshall Payn ist sehr an Hueyatlaco interessiert und unterstützt abstützende Forschungen dazu. Der mexikanische Regierungsbeamte, der in den 60er Jahren soviel Schaden angerichtet hat, ist inzwischen tot.

Die Valsequillo-Gegend ist ein sehr großes Gebiet, und viele der dort gefundenen Knochen sind gut erhalten. Irgendwo in dieser Ansammlung von Sedimentlagen und Vulkanaschen liegen die Überreste der Skelette jener menschenähnlichen Wesen, die vor einer viertel Million Jahren jene mächtigen Tiere der Eiszeit jagten und erlegten. Findet diese Knochen, gebt sie den Anthropologen, und diese können uns allen sagen, wer diese Leute waren.


Virginia Steen-McIntyre ist eine Tephrochronistin, eine promovierte Geologin, die sich auf das Studium vulkanischer Ascheablagerungen insbesondere zur Datierung geologischer Ablagerungen spezialisiert hat. Der vorstehende Beitrag erschien zuerst in The Barnes Review, 4(1) (1998), S. 31-36 (130 Third Street SE, Washington, D.C, 20003).


Quelle: Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung 3(4) (1999), S. 379-386.

This entry was posted in Brainwashing-Gehirnwäsche, Deception, History-Geschichte. Bookmark the permalink.