Kriegsverbrechen der Anderen

…Das deutsche Propagandaministerium habe behauptet, beim »Bromberger Blutsonntag« seien 58.000 Volksdeutsche dem polnischen Terror zum Opfer gefallen…Hitler befahl nach dem Waffenstillstand mit Frankreich in einem Erlaß vom 7. Juli 1940 strengste Manneszucht der deutschen Soldaten gegenüber der französischen Zivilbevölkerung…

Betrachtungen zu einem erschütternden Buch

Dr. jur. Botho Spruth

Alfred-Maurice de Zayas ist nordamerikanischer Völkerrechtler (J. D., Harvard) und Historiker (Dr. phil., Göttingen), Rechtsanwalt in New York, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Völkerrecht der Universität Göttingen, Autor des Buches »Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen«, München 1978. - Walter Rabus ist holländischer Völkerrechtler, Dr. der Universität Paris, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Amsterdam, Autor von juristischen Abhandlungen. - Beide haben das Buch herausgegeben: »Die Wehrmacht-Untersuchungsstelle - Deutsche Ermittlungen über alliierte Völkerrechtsverletzungen im Zweiten Weltkrieg

In einem Vorwort sagt Professor Dietrich Rauschning, Direktor des Instituts für Völkerrecht an der Universität Göttingen, Gegenstand der Darstellung »sind in erster Linie die Organisation jener Institution und ihre Methodik der Dokumentation, doch kommt auch der Inhalt des Dokumentierten in Beispielen zum Ausdruck«; er selbst habe die Arbeiten über längere Zeit mit Interesse verfolgt, habe selbst Akten durchgearbeitet, Richter und Zeugen kennengelernt. Auf dieser Grundlage sei er von der wissenschaftlichen Achtbarkeit und Lauterkeit der Untersuchung überzeugt.

Einleitend heißt es, die militärischen und diplomatischen Akten des Dritten Reiches würden seit Jahrzehnten von Historikern zu vielfältigen Untersuchungen herangezogen. Die Unterlagen der Rechtsabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht und die der Rechtsabteilungen des Heeres, der Marine und der Luftwaffe seien aber weitgehend unausgewertet geblieben, so die 226 Aktenbände der Wehrmacht-Untersuchungsstelle für Verletzungen des Völkerrechts. Diese wurden von USA-Truppen 1945 in Langensalza (Thüringen) und Torgau an der Elbe beschlagnahmt und in die USA gebracht und kehrten erst im Jahre 1968 nach Deutschland zurück. Darüber, ob diese Akten in der Zeit von 1945 bis 1968 in irgendeiner Hinsicht Veränderungen erfahren haben, ist nichts gesagt. Nur soviel, daß es sich dabei zum die unvollständigen Ermittlungsakten einer am 4. September 1939 in der Rechtsabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht gegründeten Behörde handelte, die die Aufgabe hatte, »die von den gegnerischen Militär- und Zivilpersonen gegen deutsche Wehrmachtsangehörige begangenen Verstöße gegen das Völkerrecht festzustellen und zugleich die vom Auslande gegen die deutsche Wehrmacht in dieser Hinsicht erhobenen Anschuldigungen aufzuklären.« Ein Großteil der Akten besteht aus eidlichen Zeugenvernehmungen, die meistens durch Divisionsrichter im Felde aufgenommen wurden. Sie werden ergänzt durch Meldungen der Abwehrabteilungen der Divisionen (Ic-Abteilungen) sowie durch die von diesen gesammelten Beutepapiere.

Die Wehrmachtuntersuchungsstelle knüpfte an die Arbeit der Militäruntersuchungsstelle für Verletzungen des Kriegsrechts im Preußischen Kriegsministerium des Ersten Weltkrieges an. Der Berliner Rechtsanwalt und Notar Johannes Goldsche, der bereits im Ersten Weltkrieg stellvertretender Leiter der Militäruntersuchungsstelle war, übernahm im Zweiten Weltkrieg die Leitung der Wehrmachtsuntersuchungsstelle.

Sehr eingehend haben die Autoren untersucht, wieweit Propagandamaterial eingeschleust worden sein könnte. Diese Überprüfung habe auf drei Ebenen stattgefunden (S. 18/19) und zu dem Ergebnis geführt, daß die »Wehrmachtuntersuchungsstelle eine gewissenhafte, justizkonforme Dokumentation betrieben hat, was vielleicht auch damit zu erklären ist, daß die beiden leitenden Personen, Johannes Goldsche und sein Vorgesetzter Dr. Rudolf Lehmann, Chef der Wehrmachtsrechtsabteilung, alte Richter waren, die trotz ihrer herausgehobenen Stellungen der NSDAP nicht angehörten und dem Gedankengut des Nationalsozialismus fernstanden«.

Erster Teil (S. 23f)

Im ersten Teil des Werkes wird zunächst über die Quellenlage »Deutsche und Ausländische Akten«, sodann zu Vorbehalten gegenüber deutschen Darstellungen berichtet. Der angebliche polnische Überfall auf den Rundfunksender Gleiwitz wird behandelt, wenn er auch »nur eine Episode am Rande eines größeren Geschehens darstellte und die Aussage von Naujocks, auf die man sich stützt, ein manchen Einzelheiten falsch ist« (S. 35). Das deutsche Propagandaministerium habe behauptet, beim »Bromberger Blutsonntag« seien 58.000 Volksdeutsche dem polnischen Terror zum Opfer gefallen, während die »Posener Zentralstelle für Gräber ermordeter Volksdeutscher« nur (!) 5.495 Karten für Tote und Vermißte enthalte (S. 37). Der »Fall Katyn« wird zugunsten Deutschlands erwähnt, ebenso der »Fall Nemmersdorf«. Hier habe ein amerikanischer Übersetzer des Berichts des Generalobersten Jodl diesem Bericht das Wort »faked« (gefälscht) hinzugefügt, weil er ihm nicht glauben wollte; die Richtigkeit habe sich aber herausgestellt (S. 41).

Sodann folgt ein ausführlicher Bericht über Vorgeschichte und Entstehung der Wehrmacht-Untersuchungsstelle (WUSt). Anlaß zur Einrichtung dieser Stelle bei Beginn des Zweiten Weltkrieges waren die zahlreichen Ausschreitungen der polnischen Armee und polnischer Zivilisten gegen die volksdeutsche Minderheit und gegen verwundete deutsche Soldaten. Der Erlaß zur Gründung erging von Generaloberst Keitel am 4. September 1939. Sie war die zentrale Sammel- und Auswertungsstelle aller Dokumente über Kriegsrechtsverletzungen. Sie war weder eine Staatsanwaltschaft mit anklägerischen Funktionen noch ein Amt für auswärtige Angelegenheiten mit dem Recht, Weißbücher zu veröffentlichen, noch hatte sie propagandistische Aufgaben; ihre Mitglieder waren felddienstuntauglich. Da die WUSt mit ihren wenigen festen Mitgliedern nicht in der Lage war, alle gemeldeten Fälle von Kriegsrechtsverletzungen selbst zu untersuchen, stützte sie sich vornehmlich auf die Erhebungen der etwa 2.000 Heeres-, Marine- und Luftwaffenrichter (S. 68). Allerdings war es die Hauptaufgabe der Kriegsrichter, sich mit Verbrechen und Vergehen der eignen Truppe zu beschäftigen und sie abzuurteilen, dennoch spielten sie für die WUSt eine wichtige Rolle.

Hitler befahl nach dem Waffenstillstand mit Frankreich in einem Erlaß vom 7. Juli 1940 strengste Manneszucht der deutschen Soldaten gegenüber der französischen Zivilbevölkerung. Für den Rußlandfeldzug war diese Strenge durch den »Erlaß über die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Geist Barbarossa und über besondere Maßnahmen der Truppe« vom 13. Mai 1941 sehr stark eingeschränkt. Der Oberbefehlshaber des Heeres, von Brauchitsch, gab aber am 24. Mai 1941 einen Disziplinarerlaß heraus, in dem schärfste Aufrechterhaltung der Manneszucht gefordert wurde. Die Gerichtsherren konnten nach diesem Erlaß verfahren, wenn sie nicht bereit waren, Vergehen gegen die russische Zivilbevölkerung hinzunehmen; in der Praxis wurde hiernach weitgehend verfahren (S. 72 f). Über »Rechtsprechung und Kriegführung im Osten« und die genannten Erlasse hat der Generalrichter a. D. Dr. Erich Lattmann in dieser Zeitschrift (1979/4) ausführlich berichtet.

Die Autoren geben anschließend eine ausführliche Darstellung der Zusammenarbeit anderer Ämter mit der WUSt, ihrer Verfahrensweise (S. 97f), Zweck und Verwendung ihrer Akten (S. 153f)

Zweiter Teil: Konkrete Fälle (S. 225f)

Einleitend zu diesem Teil bemerken die Verfasser, sie hätten sich bemüht, »soweit wie möglich die einschlägigen Aktenbestände der schweizerischen Schutzmacht und die amerikanischen und britischen Stellungnahmen zu diesen Fallkomplexen heranzuziehen.« »Die folgenden Fallstudien wurden nach ihrem exemplarischen Charakter ausgewählt. Sie können als repräsentativ für die ca. 4.000 Fallkomplexe gelten, die sich in den nur unvollständig erhalten gebliebenen 226 Aktenbänden der WUSt befinden.«

Polen: Die Grausamkeiten, die die Polen an Volksdeutschen in den ersten Kriegstagen begangen haben, sind an Zahl und Frivolität nicht wiederzugeben. Hier einige Auszüge aus den Schilderungen (S. 227ff).

»…In vielen Fällen mußten die Volksdeutschen die Ermordung ihrer Väter, Brüder oder Kinder mitansehen, ohne ihnen, wenn die Verletzten nicht gleich tot waren, Hilfe bringen zu dürfen. Dabei wurden sie noch von den Soldaten und vom Pöbel verhöhnt. In anderen Fällen mußten sie die Ermordung der Angehörigen ansehen, um dann selbst als nächstes Opfer erschlagen oder erschossen zu werden.« (Bezug: Bundesarchiv Koblenz - Ost Dok 7 - rd. 6.000 Seiten Befragung und 400 Seiten Erlebnisberichte).

»Sonntag, 3. September… Die polnischen Zivilisten sagen: Hier wohnen Deutsche. Darauf begannen die Soldaten sofort zu schießen. Wir flüchteten in einen Schuppen… Zuerst wurde mein Vater herausgeholt… Ich wollte meinem Vater beistehen, da ich polnisch kann. Ich habe die Polen gefragt, was wir ihnen angetan hätten und für meinen Vater gebeten. Die Polen riefen jedoch: herunter mit den deutschen Schweinen! Mein Vater erhielt mehrere Kolbenhiebe ins Gesicht und an den Körper, sodann wurde er mit dem Seitengewehr gestochen. Daraufhin fiel mein Vater zu Boden und erhielt im Liegen noch 6 Schüsse… Nach einiger Zeit kam eine andere Horde polnischer Soldaten und Zivilisten… Die Polen rissen mir die Kleidung vom Leibe, legten mich nackt auf die Erde. Etwa 10 Mann hielten mich fest, und zwar am Kopf, Händen und Füßen. Einer der Polen verging sich an mir…«

Auf S. 234 heißt es u. a. »aus der ganzen Provinz Posen trieb man die offenbar nach einer bestimmten Liste festgenommenen Volksdeutschen in Richtung Kutno…«. In einer Anmerkung hierzu bemerken die Verfasser, daß über die Verschleppungen eine bisher unveröffentlichte »Dokumentation der Verschleppungsmärsche der Deutschen aus Posen und Pomerellen im September 1939« im Bundesarchiv Koblenz vorliegt. Die polnischen Behörden hatten hiernach von langer Hand Listen zu inhaftierender Personen angelegt. Sie umfaßten die gesamte deutsche Intelligenz der beiden West-Woiwodschaften. Die Inhaftierungen erfolgten ohne richterlichen Haftbefehl. Die Behandlung auf den Märschen war unmenschlich. Die Marschrouten sind in einer Karte eingezeichnet, die Stellen von Massenexekutionen angekreuzt. Ganze Familien sind ausgerottet worden. Die Menschen sind nicht immer erschossen, sondern häufig mit allen möglichen Werkzeugen z. T. vor den Augen ihrer Angehörigen und anderer Personen, denen ebenfalls ihre Ermordung angekündigt war, erschlagen worden.

Die evangelische Kirche in Bromberg-Schwedenhöhe ist am 4. September 1939 von polnischen Soldaten und Zivilisten in Brand gesteckt worden. Die Kirche ist völlig geplündert… Altar und Taufbecken sind zertrümmert…

Auch über Mißhandlungen und Morde an Volksdeutschen »bereits im Laufe des Sommers 1939«, also vor Kriegsausbruch, wird auf den Seiten 239/240 berichtet. Auf »deutsche Verbrechen in Polen« wird auf S. 245/6 hingewiesen.

Leider habe die WUSt versäumt, die Zahl der Ermordeten annähernd festzustellen. Nach Ansicht der Verfasser wird man die Zahl der Getöteten und Vermißten »auf wenigstens zwischen 4.000 und 5.000 ansetzen müssen«. Tausend Opfer seien namentlich genannt; hinzu kämen auf Grund der Schätzungen zwischen 3.500 und 5.000 namentlich unbekannte Tote. Deutsche Schätzungen gingen damals von einem Vielfachen an Opfern aus.

Die Akten der WUSt Widerlegen damit die Übertreibungen der nationalsozialistischen Propaganda, die mit dem ›großen Terror‹ gegen die Volksdeutschen den Angriff auf Polen zu rechtfertigen suchten, meinen die Verfasser (S. 240). Dazu ist zu sagen: In einer kriegerischen Atmosphäre über- und untertreibt jede Seite zur Rechtfertigung des eignen Standpunktes, die deutsche ebenso wie die polnische. Daraus kann nicht gefolgert werden, daß der wahre Sachverhalt nicht ausreichte, um den Einsatz der Wehrmacht zu rechtfertigen. Ferner war es nicht Aufgabe der WUSt, vor Kriegsbeginn begangene Verbrechen zu registrieren (sie hatte dazu auch keine Möglichkeit); was da festgehalten wurde, waren zufällige Funde. Überdies ist bedeutsam, daß die Zahl der Morde an Deutschen sich von Monat zu Monat, ja schließlich von Woche zu Woche steigerte; wie lange sollte zur Errettung der Deutschen gewartet werden?

Weiter kann die Behandlung der deutschen Minderheiten von rd. 2 Millionen, die sich Polen mit der Einverleibung deutscher Gebiete nach dem Ersten Weltkrieg ohne Abstimmung der Bevölkerung gewaltsam unterworfen hatte, nicht außer Betracht bleiben sowenig wie das Verhalten in der Danzig-Frage. Polen hat die Kriegsstimmung gegen Deutschland mit wenig Unterbrechungen geschürt, hat Frankreich zu einem Präventiv-Krieg gegen Deutschland verleiten wollen und hat seinerseits zuerst mobil gemacht. Wie man unter diesen Umständen von einem »Überfall« Deutschlands am 1. September 1939 sprechen kann, wie es die Autoren in ihrer Einleitung zu ihrem Werk sagen, bleibt unerfindlich. Es war ein von Polen bewußt provozierter Angriff.

Die These vom »Überfall« Deutschlands wird von derzeitigen Politikern in einer Psychose der Selbstdiskriminierung zum Zweck der Entspannung gern wiederholt. De Zayas hat in seinem Werk über die Vertreibung der Deutschen S. 26 f neutral und überzeugend die Ursachen zum Kriege dargestellt. Diese Ausführungen passen schlecht zur Behauptung eines »Überfalls«.

Der westliche Kriegsschauplatz: Die verhältnismäßig wenigen Anschuldigungen gegen die Engländer wurden später in der WUSt-Denkschrift »Kriegsrechtsverletzungen der britischen Wehrmacht« ausgewertet. Für den Frankreich-Feldzug ergaben die Untersuchungen vor allem Ausschreitungen an notgelandeten oder abgesprungenen deutschen Fliegern. Auch Soldaten der Landtruppen, die sich ergeben wollten, sind in einzelnen Fällen erschossen worden. Die übrigen Kriegsrechts- und Völkerrechtsverletzungen, wie sie leider wohl in jedem Kriege vorkommen: Plünderungen, Enteignungen, Drohungen halten sich in Grenzen. Einzelheiten sind auf den Seiten 247 bis 261 geschildert.

Kreta: Folgende Verletzungen des Völkerrechts dürften erwiesen sein: 1. Sehr viele deutsche Fallschirmjäger sind in unmenschlicher Weise mißhandelt und verstümmelt worden.

2. Bei den Kämpfen um die Sudabucht mußte sich am 27. Mai 1941 das erste Gebirgsjägerregiment 141 infolge der Übermacht des Feindes und der Ungunst des Geländes vorübergehend in eine bessere Stellung zurückkämpfen. Dabei sind alle Verwundeten, die nicht mehr zurückgeschafft werden konnten, vom Gegner ermordet worden. Ein großer Teil der am nächsten Tag vorgefundenen Toten war verstümmelt.

3. Einheiten der englischen Kriegsmarine haben auf deutsche Soldaten, deren Schiffe sie versenkt hatten und die etwa 100 km vor Kreta wehrlos im Wasser trieben, geschossen.

4. Englische Soldaten haben die Hakenkreuzflagge, deutsche Uniformstücke und die weiße Fahne mißbraucht.

5. Griechische Zivilpersonen haben in großem Umfang als Freischärler am Kampf teilgenommen.

In der Sowietunlon (S. 273f): Gleich zu Beginn des Feldzuges wurden deutsche Kriegsgefangene von den Russen erschossen oder auf viehische Weise ermordet. Laut Beschluß des Rates der Volkskommissare der UdSSR vom 1. Juli 1941 waren zwar Kriegsgefangene etwa so zu behandeln, wie es den Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung entspricht. Der Erlaß wurde aber weitgehend, meist mit Wissen höherer sowjetischer Stellen, mißachtet. In Flugblättern wurden Hetzparolen verkündet, die zu den grausamsten Handlungen ermunterten. Berüchtigt sind diejenigen von Ilja Ehrenburg: »… wenn du einen Deutschen getötet hast, so töte einen zweiten- für uns gibt es nichts Lustigeres als deutsche Leichen. Zähle nicht die Tage. Zähle nicht die Kilometer. Zähle nur eines: Die von dir getöteten Deutschen… Töte!« - Manche Aussagen russischer Kriegsgefangener lassen darauf schließen, daß es einen Stalin-Befehl zur Erschießung deutscher Kriegsgefangener gegeben hat.

Die WUSt verfaßte im November 1941 eine erste Denkschrift über Kriegsverbrechen der Sowjet-Wehrmacht (S.305); darin heißt es u. a: »Die Sowjetunion hat vom ersten Tag des Krieges an die ihren innerstaatlichen Schreckensmethoden entsprechenden brutalen Mittel auch gegenüber den in ihre Hand gefallenen wehrlosen Angehörigen der deutschen Wehrmacht und gegenüber der deutschen Sanitätsformation zur Anwendung gebracht«. In einer weiteren Denkschrift wertete die WUSt (März 1942) neue Aussagen sowjetischer Kriegsgefangener und Beutepapiere aus. Wieweit Stalin persönlich für die Tötung deutscher Kriegsgefangener verantwortlich ist, läßt sich nach Ansicht der Autoren nach dem heutigen Stand der Forschung nicht endgültig sagen.

Zu den bedeutendsten Fällen gehört die Untersuchung über die Tötung von etwa 160 deutschen Verwundeten in Feadosia auf der Krim im Januar 1942. Bei der Wiedereroberung der Stadt am 18. Januar 1942 wurden 105 Lazarettinsassen noch mit ihren Verbänden vorgefunden, erschlagen oder am Fuße einer mehrere Meter hohen Ufermauer und unmittelbar am Ufer des Schwarzen Meeres bei lebendigem Leibe in die Brandung gelegt, bis eine dicke Eisschicht sie eingehüllt hatte. Weitere verwundete Soldaten, die teilweise noch Gipsverbände und Schienen trugen, wurden mit stumpfen Gegenständen erschlagen aufgefunden.

Einzelheiten des grauenhaften Geschehens möge man in dem Buch S. 308 f selbst nachlesen, ebenso, was sich im Raum von Grischino nordwestlich Stalino (S. 318f) abgespielt hat; hier wurden 596 Kriegsgefangene, Lazarettinsassen und Krankenschwestern ermordet.

Vergehen an Soldaten der spanischen »Blauen Division«, an Hilfswilligen, an ukrainischen und baltischen Zivilisten, an Litauern, polnischen Häftlingen, die zum Teil in Massengräbern mit Männern, Frauen und Kindern vorgefunden wurden, sind nachzulesen (S. 325f).

Lemberg (S. 333f): Was sich in der polnisch-ukrainischen Stadt Lemberg in drei Mordphasen abgespielt hat, kann hier nicht im einzelnen geschildert werden. Es übersteigt alles, was die Phantasie sich vorstellen kann. Tausende von viehisch Ermordeten in drei Gefängnissen wurden von der 1. Gebirgsdivision des XXXXIX. Armeekorps beim Einrücken am 30. Juni 1941 in die kaum verteidigte Stadt vorgefunden. Bei den Ermordeten handelt es sich vorwiegend um Ukrainer, ferner um Polen. Unter den Leichen befanden sich Knaben im Alter von 10, 12 und 14 Jahren, junge Frauen von 18, 20 und 22 Jahren, ältere Frauen und Greise.

Die Vorgänge in Katyn sind bekannt; weniger bekannt ist der Massenmord von Winniza (S. 362). Hier sind vor Ankunft der deutschen Truppen über 9.000 Ukrainer durch die NKWD ermordet worden. Ein dunkles Kapitel für die Engländer ist die Beschießung Schiffbrüchiger im Kampf um Narvik (S. 368f) sowie die Versenkung des griechischen Motorseglers Osia Paraskevi im Mai 1941 in der Ägäis. Einer der schwerwiegendsten Fälle ist die Bombardierung und Versenkung des deutschen Lazarettschiffs Tübingen (3.509 BRT), das am 18. November 1944 in der Adria durch zwei britische Flugzeuge mit Bordwaffen angegriffen und mit Bomben versenkt wurde. Das Verbrechen und die Roheit dieses Aktes erinnern an die planmäßige Ermordung deutscher verwundeter Soldaten durch die Rote Armee.

Schlußwort

Verbrechen, gleich, von welcher Seite begangen, erschüttern uns alle. Die Verbrechen der ehemaligen Feinde Deutschlands, die hier aufgeführt sind, sind nicht die schlimmsten. Das sind die planmäßigen Flächenbombardements deutscher Städte, die mit dem Kriegsgeschehen nichts zu tun hatten - an der Spitze der planmäßige Massenmord in Dresden. Das sind die amerikanischen Abwürfe von Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, der bisher erste und einmalige Einsatz von Atombomben gegen von Menschen bewohnte offene Städte. Diese Morde geschahen, als der Krieg entschieden war, sie konnten also keinem Kriegszweck mehr dienen. Noch deutlicher wird der gezielte Massenmord bei der Vertreibung der Deutschen aus ihren Ostprovinzen; er geschah im Schwerpunkt nach Beendigung der Kampfhandlungen.

De Zayas schreibt in seinem Buch über die Vertreibung der Deutschen: »Wenn die Alliierten die Nationalsozialisten wegen ihrer unmenschlichen Methoden bekämpften - durften sie dann selbst deren Methoden als Vergeltung anwenden?… Wessen Einstellung zum Menschen hat am Ende gesiegt?« (S. 19) - »Durch ihr Verhalten haben (die westlichen Demokratien) die Prinzipien der Atlantik-Charta, in deren Namen der Krieg geführt wurde, verleugnet. Bessere Einsicht in ihr Versagen könnte… helfen, aus der höchst komplizierten Weltordnung (besser: Unordnung) von heute das Beste zu machen…« (S. 194).

Die Sieger sollten sich aus der Einbildung lösen, sie seien die besseren Menschen; umerziehen sollten sie sich selbst, dazu gehört allerdings Charakter, und dieser ist Voraussetzung für eine bessere Weltordnung. Die Besiegten sollten sich aus der servilen Selbstdiskriminierung, mit der sie sich bei den Siegern beliebt machen wollen, zur Selbstachtung (ohne Hochmut) durchzuringen versuchen.

Alfred M. de Zayas: Die Wehrmacht-Untersuchungsstelle / Deutsche Ermittlungen über alliierte Völkerrechtsverletzungen im Zweiten Weltkrieg. Unter Mitarbeit von Walter Rabus, Universitas/Langen-Müller-Verlag, München 1979, 479 S., DM 38,-

Quelle: http://vho.org/D/DGG/Spruth28_1.html

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